Patchworkfamilien
Shownotes
Neue Partner, neue Strukturen, neue Herausforderungen: Patchworkfamilien bringen viel Veränderung mit sich – für Eltern und Kinder gleichermaßen. In dieser Folge sprechen wir darüber, wie Unsicherheiten entstehen, warum schlechtes Gewissen oft eine Rolle spielt und wie ein gemeinsamer Alltag und eine gemeinsame Erziehung gelingen können. Offen, ehrlich und mit Blick auf das, was wirklich verbindet.
Die Familienberatung der Caritas Bodensee-Oberschwaben findet ihr hier.
HörtEUCHStark wird unterstützt von der Deutschen Fernsehlotterie.
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00:00:00: Willkommen bei Hörter Stark, den Eltern-Podcast, die Caritas Bodensee Oberschwam.
00:00:08: Hallo und willkommen zu einer neuen Ausgabe von Hörter Stark.
00:00:22: Heute soll es bei uns um das spannende Thema der Patchwork-Familie gehen und ich habe
00:00:28: dazu natürlich wieder jemanden eingeladen.
00:00:31: Heute ist das die Kristine Schrabe-Grüt.
00:00:33: Sie ist Sozialpädagogin und das ist besonders wichtig in ihrer Rolle heute, systemische
00:00:39: Familientherapeuten.
00:00:40: Hallo, Kristine Schön, dass du bei uns bist.
00:00:43: Hallo, schön, dass ich eingeladen bin.
00:00:44: Fangen wir doch mit dem Begriff "systemisch" gleich mal an, weil ich glaube, der ist sehr
00:00:48: wichtig, um zu beschreiben, was du so machst.
00:00:50: Mein Leinverständnis ist, dass systemische Familientherapie immer das Systemfamilie
00:00:56: als Gesamtes begreift und als Gesamtes betrachtet.
00:00:59: Ist das so schon mal richtig?
00:01:00: Ja, genau.
00:01:01: Und manchmal arbeiten wir tatsächlich mit ganzen Familien, aber manchmal ist ja nur
00:01:06: einer oder eine aus der Familie greifbar und dann kann man trotzdem systemisch drauf
00:01:12: blicken und die anderen über entsprechende Fragetechnik mit einbeziehen, den Blickwinkel
00:01:18: der anderen mal mit nutzen, um letztendlich so ein Stück weit breiter zu schauen, weil
00:01:25: alles hat mit allem auch zu tun und wir leben nun mal in Systemen, die einander bedingen
00:01:30: auch.
00:01:31: Machen du dann auch so was wie Familienaufstellungen?
00:01:34: Oder ist das wieder ein anderes Thema?
00:01:36: Das geht schon auch in die Richtung Aufstellung nicht im Sinne von Bert Hellinger, was vielleicht
00:01:42: vielen ein Begriff ist, sondern eher in Richtung Virginia Satir, das ist so mit einer der Begründeren
00:01:49: der Familientherapie und da kann eine Methode durchaus sein, Dinge auch mal aufzustellen.
00:01:55: Das kann aber auch sein, man stellt Themen auf oder tatsächlich Personen oder man arbeitet
00:02:02: mit Stühlen und da geht es auch viel um Blickwinkel.
00:02:04: Jetzt kann so eine normale Familie wahrscheinlich schon ziemlich komplexes System sein und wir
00:02:12: sprechen heute aber über Familien, die noch komplexer sind, nämlich eben die Patchwork-Familien.
00:02:17: Wenn Partner wechseln, wenn Kinder aus unterschiedlichen Familien in einer Familie zusammengeführt
00:02:23: werden und alles das, was in einer normalen Familie in Anführungszeichen oft schon kompliziert
00:02:28: genug ist, wird dadurch wahrscheinlich noch mal eins komplizierter.
00:02:32: Wie nimmt es denn du, dass Thema Patchwork-Familien gerade auch in deiner Arbeit war?
00:02:37: Es ist bei uns durchaus ein großes Thema, immer wieder in den Beratungen, weil zu uns
00:02:42: natürlich Familien kommen, die irgendwelche Herausforderungen, Fragestellungen in ihrem
00:02:49: Alltag haben und Trennung und Scheidung ist in der Beratungsstelle ja auch ein großes
00:02:54: Thema.
00:02:55: Viele Familien, die neu zusammengesetzt sind, würden sich gerne als die in Anführungszeichen
00:03:01: normale Familie betrachten, aber sie sind halt keine Erstfamilie.
00:03:05: Das heißt, da kommen sehr viel mehr Herausforderungen im Alltag auf sie zu und viele Bedürfnisse,
00:03:12: die eben unterschiedlich sind, prallende aufeinander.
00:03:15: Und da ist es manchmal gut, man sortiert erst mal miteinander und guckt, wer braucht
00:03:19: den wahrs von wem und wie kann man den begegnen.
00:03:23: Das kann ich mir vorstellen.
00:03:25: Wer ist es denn, der in der Regel zu dir dann in die Beratung kommt?
00:03:29: Also den ersten Schritt machen meist schon die Eltern.
00:03:32: Manchmal Jugendliche, wenn sie ihre Themen haben, auch über das Netzwerk der Schuhsozialarbeit,
00:03:39: oder dass da irgendwie dann auch Termine direkt laufen, aber in der Regel sind es schon die
00:03:46: Eltern oder einer der Eltern.
00:03:48: Einer macht meist den Anfang und je nach Thema schauen wir dann mit demjenigen, mit derjenigen,
00:03:54: wer da einfach hilfreich dazu wäre und wer auch bereit wäre, mitzukommen.
00:03:59: Das kann dann durchaus auch mal eine ganze Familie sein, mit der wir arbeiten oder nur
00:04:04: mit den Eltern.
00:04:06: Oder wir machen auch Einzeltermine und führen dann zusammen.
00:04:10: Was würdest du denn sagen, ist das Thema Nummer eins, mit dem die Familien zu dir kommen?
00:04:16: Meinst du jetzt im Spezifischen, wenn es um Patchwork geht?
00:04:20: Genau.
00:04:21: Ich würde sagen, es ist oft gar nicht so ganz klar, dass es um Patchwork geht, weil die
00:04:27: Familien erst im zweiten Schritt manchmal, es wird dann so deutlich, dass manche Problematik
00:04:33: durch diese neu zusammengesetzte Komplexität da ist.
00:04:37: Manchmal sind es ganz andere Themen erst mal.
00:04:40: Was weiß ich, meine Tochter versteht es nicht so gut mit meinem neuen Mann.
00:04:45: Oder der Sohnemann geht nicht mehr gerne zum Papa übers Wochenende, weil es da eine neue
00:04:51: Partnerin gibt.
00:04:53: Es gibt Aufhänger, weshalb einfach dann Familien kommen und wenn wir dann genauer hinschauen,
00:04:59: dann sind es häufig solche Anpassungssituationen, wo irgendeiner eine Herausforderung hat in
00:05:05: diesem neuen System, was da entsteht oder schon entstanden ist.
00:05:09: Das stelle ich mir auch sehr kompliziert und aufregend und auch anstrengend vor.
00:05:14: Zum einen geht dem ja meistens eine Trennung voraus, die dann schon anstrengend ist für
00:05:20: die Familie und man muss sich da neu sortieren und wo leben die Kinder, wie besuchen sie
00:05:26: die Eltern oder wie findet man einfach einen neuen gemeinsamen Alltag zusammen, hoffentlich.
00:05:33: Und das findet ja dann schon ohne die Mitsprache der Kinder statt.
00:05:37: Die Eltern trennen sich, das hat ja mit den Kindern erstmal nichts zu tun und dann finden
00:05:42: die Eltern eben vielleicht neue Partnerinnen und auch das passiert ohne dass die Kinder
00:05:49: involviert sind, sondern die bekommen ja dann in der Regel Fakten serviert.
00:05:53: Genau.
00:05:54: Sag ich mal und ich kann mir vorstellen, dass da schon ein großer Problemherd drin liegt.
00:05:59: Ja, also eins ist schon mal das Tempo auch, weil die Erwachsenen, die suchen sich einen
00:06:05: neuen Partner, eine neue Partnerin in dieser Auswahl sind in der Regel die Kinder nicht
00:06:10: vorgesehen.
00:06:11: Wobei es durchaus Eltern gibt, die da sehr drauf achten, wer könnte auch mit meinen Kindern
00:06:17: gut und trotzdem ist es aber halt so, sie wählen aus.
00:06:22: Da ist vielleicht eine neue Verliebtheit da, das tut gut.
00:06:25: Was das aber für die Kinder heißt, es macht häufig dann nochmal sehr real, dass die Eltern
00:06:30: jetzt wirklich getrennt sind.
00:06:32: Kinder haben häufig eine sehr, sehr lange Hoffnung, dass da doch wieder was geht zwischen
00:06:37: den Eltern, vermissen meist auch den Elternteil, der eben nicht im Alltag so präsent ist.
00:06:44: Und jetzt ist da plötzlich eine neue Person und ich muss mich mit der Person arrangieren.
00:06:50: Und die Mama oder der Papa ist über beide Ohren verliebt, aber die Kinder sind es eben
00:06:55: nicht.
00:06:56: Genau.
00:06:57: Und manchmal, wenn vorne weg gegebenenfalls eine Zeit war, wo das Kind sehr an erster
00:07:02: Stelle war, weil eben Mama oder Papa nicht mehr so präsent war, plötzlich hat Mama,
00:07:08: Papa nicht mehr so viel Zeit.
00:07:10: Das ist wieder ein Erwachsener im Vordergrund und nicht mehr ich als Kind.
00:07:15: Und vielleicht auch das Thema, oh, Papa hat jetzt jemand oder Mama hat jetzt jemand, aber
00:07:20: der andere Elternteil nicht, wo sich Kinder dann auch sorgen, wie ist denn das?
00:07:25: Mama ist jetzt unglücklich, weil Papa jemand hat oder Papa ist unglücklich, wenn Mama
00:07:29: jetzt jemand hat.
00:07:30: Das war es mal aus manchen Hollywood-Kommodien kennt, dass Kinder schon mal für die Eltern
00:07:37: jemanden suchen, ist durchaus etwas, wo Eltern auch schon manchmal berichten.
00:07:42: Okay.
00:07:43: Weil Kinder manchmal so in ihrem Loyalitätskonflikt um Ausgleich bemüht sind.
00:07:48: Oder ist das dann sicher auch kompliziert?
00:07:50: Ja, das kommt sicherlich nicht so häufig vor.
00:07:53: Aber es wäre leichter, wenn Mama auch jemand hätte, wenn Papa jemand hat und umgekehrt,
00:07:58: ist durchaus ein Gefühl, was Kinder auch haben.
00:08:02: Weil sie halt möchten, dass es allen gut geht.
00:08:06: Hinterstimmen ja manchmal auch zu Regelungen zwischen Eltern zu, nach der Trennung oder
00:08:12: fügen sich in Regelungen ein.
00:08:14: Weil sie das Gefühl haben, dass es gerecht.
00:08:16: Also ich bin so viel bei Papa, also auch so viel bei Mama.
00:08:19: Und das ist nicht immer auch ihr Gefühl.
00:08:23: Das ist mehr dieses, soll doch gerecht zugehen.
00:08:26: Also es ist bei Kindern sehr viel Verantwortungsgefühl oft auch vorhanden und ein Bedürfnis, die
00:08:33: Situation möglichst positiv mitzugestalten.
00:08:36: Ja, ja.
00:08:37: Ich meine, im besten Fall, wenn neue Partner dazukommen, ist es so, dass der oder die
00:08:42: neue Partnerin sympathisch ist, gemocht wird, dass sein Zugang geschaffen wird.
00:08:49: Aber das ist ja nicht so selbstverständlich.
00:08:51: Also eigentlich haben alle eine Herausforderung erst mal dazueinander zu finden.
00:08:57: Ja.
00:08:58: Alle Beteiligten.
00:08:59: Also derjenige, der sich jemand gesucht hat, der oder die neue Partner oder Partnerin,
00:09:07: der oder die Ex-Partner und das Kind jeweils.
00:09:09: Für alle ist es eine Herausforderung, weil es eine neue Lebenssituation ist.
00:09:15: Ja.
00:09:16: Und bei den Kindern ist es dann ja so, gerade je jünger die Kinder sind, dass zu weniger
00:09:20: Verantwortung sollte und darf natürlich bei denen liegen.
00:09:24: Fangen wir doch vielleicht mal bei dem Elternteil an, bei dem jetzt vielleicht die Kinder leben.
00:09:30: Was würdest du denn sagen, ist da eine wichtige Aufgabe?
00:09:34: Was sollten die Eltern da beachten, gerade wenn es um die Kinder geht, dass die da in
00:09:38: einer Situation sich wiederfinden, die sie nicht überfordert?
00:09:42: Also es macht sich das Sinn erst mal zu schauen, bevor ich meinen Kindern jemand neues vorstelle,
00:09:48: sich selber ein bisschen zu sortieren und zu schauen, wie passt es für mich erst mal.
00:09:53: Das ist natürlich gerade für den oder diejenige schwierig, die im Alltag mit den Kindern zusammenleben,
00:10:00: weil da manchmal ganz wenig Zeit bleibt für gelebte Partnerschaft.
00:10:04: Also stellen wir uns die Situation vor, wenn Kinder dann viel beim anderen Elternteil sind,
00:10:11: dann habe ich da gegebenenfalls Zeit, Partnerschaft erst mal zu pflegen und zu gucken, passt es
00:10:17: auch für mich.
00:10:18: Und wenn es für mich persönlich gut passt, dann kommt vielleicht der nächste Schritt
00:10:24: zu schauen und wie führe ich diese neue Person in meinen Alltag mit ein.
00:10:28: Also wie stelle ich sie den Kindern vor?
00:10:30: Und was braucht es da?
00:10:32: Eine Feindfülligkeit und eine Geduld ist da sicherlich ratsam und sich da nicht nur
00:10:39: von "ich bin jetzt Himmel hoch jauchten" und ich stelle sofort die neue Person den Kindern
00:10:43: vor und in ein paar Wochen ist es eben wieder ganz anders.
00:10:46: Also man sollte da nicht zu viel Tempo reinlegen.
00:10:49: Okay, und vielleicht die eigenen Emotionen und das eigene Gefühlsleben nicht direkt
00:10:55: eins zu eins den Kindern vorlegen, sondern da so ein bisschen moderieren und schauen,
00:10:59: dass sie das eben auch ein bisschen päppchenweise vielleicht und in der Geschwindigkeit vorgelegt
00:11:05: bekommen, mit der sie umgehen können.
00:11:07: Ja, ja, weil Kinder einfach, ja sie brauchen halt auch eine Zeit sich daran zu gewöhnen,
00:11:11: dass sich da jetzt gegebenenfalls was ändert, ohne dass sie wieder in eine totale Verunsicherung
00:11:17: kommen.
00:11:18: Denn nach einer Trennung sind Kinder in der Regel ja erst mal verunsichert.
00:11:22: Sie wissen nicht, wie geht es weiter.
00:11:24: Im besten Fall tritt dann irgendwann so eine Situation ein, wo die Eltern eine Form finden,
00:11:30: wo für alle wieder Ruhe einkehren kann und dann ist wieder eine Veränderung da.
00:11:36: Veränderung bedeutet erst mal Unsicherheit und da muss man letztendlich feinfühlig schauen,
00:11:43: wie man da Sicherheit wieder reinkriegt.
00:11:46: Ja, nachdem die Unsicherheit eben gerade erst vielleicht wieder so halbwegs überwunden
00:11:52: war.
00:11:53: Genau.
00:11:54: Wie oft kommt es denn vor, dass Kinder dann sagen, nee, der Idiot kommt mir nicht ins
00:11:59: Haus, also so eine Totalverweigerung?
00:12:02: Zu uns kommen natürlich eher die, die Herausforderungen haben.
00:12:05: Kommen ja nicht die, wo es gut läuft.
00:12:07: Ja, und ich glaube auch, dass es durchaus öfter passiert, als wir das mitkriegen, weil ja
00:12:14: auch nicht alle bei uns landen und trotzdem Kinder manchmal mit so Situationen ganz schön
00:12:19: herausgefordert sind.
00:12:20: Weil Eltern einfach, ich sag mal ein bisschen unbedacht vielleicht in ihrer Euphorie oder
00:12:25: in ihrer Begeisterung jemand Neues gefunden zu haben, dass auch manchmal tempormäßig
00:12:32: forcieren und durchaus Kindern auch relativ schnell mal jemand vorsetzen.
00:12:36: Also wir haben, ich hab so die ein oder andere Geschichte im Kopf, wo Kinder so erzählen,
00:12:45: angemeldet waren sie wegen einer ganz anderen Sache und wie sie dann erzählen, wie plötzlich
00:12:49: die Vater, Stiefmutter vom anderen Ende Deutschlands eingezogen sind und sie haben kaum vorher
00:12:56: sich annähern können.
00:12:57: Weil eben die Mama der Papa da jemand kennengelernt hat, manchmal auch eben über diese neuen Medien
00:13:05: und man hat sich kurz kennengelernt und ist sofort dann zusammengezogen.
00:13:10: Und es hängen ja manchmal bei neuen Partnern auch wieder Kinder dabei.
00:13:14: Also es ist ja nicht nur so, da findet sich ein neues Paar, sondern manchmal sind ja plötzlich
00:13:21: meine Deine und vielleicht auch unsere Kinder, kommt dann auch nochmal die Komplexität noch
00:13:26: mit dazu und alle haben andere Regeln, alle haben andere unterschiedliche Familienrituale
00:13:33: bisher gelebt und wenn es um das Zusammenleben dann geht, muss neu ausgehandelt werden.
00:13:40: Also wer bestimmt war es, was behalten wir bei, was kommt neu dazu, ist schon ein ganz
00:13:48: komplexes Aushandeln miteinander.
00:13:50: Ja, auf jeden Fall.
00:13:52: Auch die unterschiedlichen Erziehungsstile, die da aufeinanderprallen, da gibt es ja auch
00:13:56: nicht richtig und falsch, sondern die einen erziehen ein bisschen lockerer, ein bisschen
00:14:01: entspannter vielleicht, freizügiger und bei den anderen gibt es dann eben mehr und strengere
00:14:07: Regeln.
00:14:08: Und dann passiert das eben, dass da ein neues Elternteil in Anführungszeichen in der Familie
00:14:15: ist mit einem erstmal völlig anderen Erziehungsstil.
00:14:17: Ja.
00:14:18: Das sollte ich doch dann aber auch wieder vorher im Idealfall koordinieren, oder?
00:14:23: Dieses aufeinanderprallen, denke ich mir, sollte nicht vor den Kindern oder an den Kindern
00:14:29: passieren.
00:14:30: Ja, ja.
00:14:31: Es ist wie bei allem das Thema Kommunikation, ist ein ganz, ganz großes Thema.
00:14:35: Viel miteinander sprechen, austauschen.
00:14:38: Also was sind lieb gewonnene Dinge, die man beibehalten möchte?
00:14:42: Also wo kann man auch von der anderen Seite gut profitieren?
00:14:46: Wo kann man sich weiterentwickeln?
00:14:48: Das ist ja nicht immer nur was Negatives, also so dieses ich verliere Identität, sondern
00:14:53: ich gewinne ja vielleicht auch neue Identität.
00:14:56: Aber es sind halt Aushandlungsprozesse, wo es auch Mut braucht, Dinge anzusprechen, herauszufiltern.
00:15:03: Was passt?
00:15:04: Was passt auch in der neuen Konstellation und was passt vielleicht auch nicht?
00:15:09: Ja, da liegen viele Chancen.
00:15:12: Also es gibt auch Kinder, die berichten, boah, das ist irgendwie ganz klasse, jetzt ist da
00:15:17: noch eine Familie dazugekommen.
00:15:19: Also im gelungenen Fall gibt es das natürlich auch ganz viel.
00:15:22: Da ist jetzt viel Reichtum an Beziehungen mit dazugekommen.
00:15:27: Das wäre natürlich der Wunschte und der Traum, dass die Situation am Ende eintrifft.
00:15:32: Ja.
00:15:33: Da können ja in den Beratungsstellen auch immer wieder Gruppen für Trennung und Scheidungskinder
00:15:37: und ich kann mich vor Jahren mal ein Bild eines Mädchens erinnern, die ein großes Haus gemalt
00:15:44: hat und hat da eine Wohnung gemalt, wo quasi der Papa mit neuer Familie und eine, wo die
00:15:51: Mama mit neuer Familie, da gab es dann schon neue Geschwister.
00:15:54: Alle unter einem Dach und alle haben sich verstanden.
00:15:57: Das war letztendlich irgendwie klar, ich will meine Liebsten alle um mich herumscharen
00:16:04: und das ist ja auch toll, wenn das wirklich klappt, wenn die sich so weit verstehen, dass
00:16:08: man Respekt vormiteinander umgehen kann.
00:16:10: Aber die Sehnsucht nach Mama und Papa bleibt trotzdem immer bei Kindern und eben die Sehnsucht
00:16:17: war am liebsten unter einem Dach und alle sollen sich gut verstehen.
00:16:21: Ja, ist nachvollziehbar, aber wahrscheinlich in den seltensten Fällen Realität.
00:16:27: Ich glaube, es ist wirklich viel Arbeit, viel Beziehungsarbeit und auch keine Arbeit,
00:16:33: die zu Ende ist.
00:16:34: Also ich habe sie jetzt geleistet und dann läuft es, sondern ich glaube, es ist immer wieder
00:16:39: eine Arbeit mit viel Kommunikation und Toleranz und sich auch zurücknehmen.
00:16:45: Wie nimmst du denn die Rolle, dass neuen Partners, der neuen Partnerin war, die in so eine Familie
00:16:52: mit Kindern reinkommt?
00:16:54: Da gibt es ja auch dieses Bild, dass Stiefvaters, der sich dann eben da direkt als neuer Papa
00:17:00: und Erziehender positioniert, woraus dann die Konflikte entstehen.
00:17:04: Inwieweit würdest du sagen, kann man sich oder sollte man sich da so platzieren und wir
00:17:11: sind jetzt eine Familie und ab jetzt erziehe ich mit?
00:17:14: Oder ist es dann eben doch deine Kinder, meine Kinder, unsere Kinder?
00:17:18: Ja, also es ist interessant.
00:17:21: So hast du jetzt den Stiefvater genannt.
00:17:23: Das haben wir natürlich auch ganz viel.
00:17:26: Im Alltag würde ich aber sagen, sind wir da immer noch ein bisschen ungleich verteilt,
00:17:32: dass durch die Berufstätigkeit doch noch häufiger die Mütter eher in die Rolle kommen,
00:17:38: also auch Stiefmütter, die dazuziehen gegebenenfalls und eher dann vielleicht nicht Vollzeit arbeiten
00:17:44: und dann im Alltag mehr in dieses Erziehende kommen.
00:17:47: Und da würde ich schon sagen, dass die Hypothek auch der Märchen, in Anfangs schon die böse
00:17:54: Stiefmutter, manchmal schon eine Hypothek ist, von der man sich erst mal frei machen muss,
00:18:00: um zu schauen, welchen Auftrag kriege ich auch vom anderen Elternteil.
00:18:05: Wenn ich neu hinzukommend bin, brauche ich ja auch eine gewisse Freiheit oder einen gewissen
00:18:10: Zuspruch, wie die Familie das im Alltag handhabt.
00:18:14: Bei Kindern sprechen natürlich sehr wohl solche Sätze aus, wie "Du hast mir nichts zu sagen,
00:18:19: du bist ja nicht meine Mama oder du bist nicht mein Papa".
00:18:22: Also bei einer Auseinandersetzung sind das so ganz beliebte Sätze.
00:18:26: die ja auch faktisch so stimmen.
00:18:28: Das heißt, es braucht schon eine gute Absprache zwischen dem neu zusammengesetzten Paar,
00:18:34: wie eben Regeln umgesetzt werden und wer die umzusetzen hat.
00:18:39: Und wieder ist das ganz wichtig, dass dann die Eltern oder die Partner, die Erwachsenen, sag ich mal,
00:18:45: an einem Strang ziehen und die gleiche Sprache sprechen.
00:18:48: Ja. Und dass halt auch jemand, der neu hinzukommt, nicht in Konkurrenz geht, so leiblichen Mama.
00:18:54: Ja. Die Mama und der Papa bleiben immer Mama und Papa.
00:18:58: Und im besten Fall sind eben die neu hinzukommenden,
00:19:02: gut bezugspersonen, hilfreie Bezugspersonen, aber nicht Mama oder Papaersatz.
00:19:08: Ja. Also nicht in Konkurrenz gehen, sondern in Ergänzung gehen.
00:19:13: Und trotzdem ist man ja in dem Bild, das du jetzt gerade gezeichnet hast,
00:19:18: gerade bei jüngeren Kindern, wenn die Frau in die Familie kommt und dann Erziehungsarbeit übernimmt,
00:19:23: übernimmt sie ja auch Arbeit, die vielleicht vorher von der Mama gemacht wurde.
00:19:28: Und jetzt muss sie diese Rolle ein Stück weit ausfüllen.
00:19:32: Also das ist sicherlich auch sehr ambivalent.
00:19:35: Ich möchte die Mama nicht ersetzen, trotzdem ersetze ich sie im Alltag in ihren Aufgaben,
00:19:42: also nicht als Person, aber eben als Erziehende.
00:19:45: Ja. Und es gibt natürlich Kinder, die für sich irgendwann entscheiden, ich nenne jetzt den Stiefpapar.
00:19:52: Papa oder die Stiefmama Mama ist auch immer so die Frage individuell, wie gehe ich damit um?
00:19:59: Manchmal entstehen solche Dinge gerade, wenn der leibliche Papa oder die leibliche Mama nicht so greifbar sind.
00:20:06: Dann rutschen Familien manchmal ganz leicht so in dieses Mama und Papa da sein,
00:20:13: wo es fast um Ersetzen geht, weil gegebenenfalls die leiblichen Eltern nicht so präsent sind im Alltag.
00:20:21: Ich hätte das jetzt im ersten Moment als ein Ritterschlag verstanden.
00:20:25: So, wenn die Kinder dann Mama oder Papa sagen, dann ist das was ganz Tolles.
00:20:30: Aber wie du es gerade erzählst, hat das auch schwierige Aspekte.
00:20:34: Ja, es hat so beides. Also das, was du gerade sagt, was Ritterschlag mit Sicherheit.
00:20:40: Also weil Kinder dadurch manchmal auch so eine Akzeptanz zeigen
00:20:45: oder auch dieses "Ich wünsche mir, dass du meine Mama oder dass du mein Papa bist."
00:20:51: Gleichzeitig hat es eben auch die Ambivalenz, was heißt es auch, dann gegenüber dem leiblichen Elternteil.
00:20:58: Es ist eine Gratwanderung dazu zu schauen, wie viel lässt man dazu und wo korrigiert man vielleicht auch nach.
00:21:06: Je nachdem wie die individuelle Situation eben da im Hintergrund ist.
00:21:11: Ich glaube, da gibt es nicht unbedingt das richtig oder falsch.
00:21:14: Also wichtig ist schon, dass die Kinder die Fakten kennen.
00:21:18: Aber in der Beziehungsarbeit kann sich das halt auch ganz unterschiedlich dann gestalten.
00:21:23: Okay, ja. Also ein Thema, bei dem man sehr sensibel sein muss.
00:21:27: Natürlich stelle ich mir jetzt auch als leiblicher Elternteil, der nicht mehr in der Familie ist,
00:21:33: sehr schwierig vor, wenn man erfährt, dass da jetzt eine neue Person ist, die Mama oder Papa genannt wird.
00:21:39: Ja, das tut da manchmal richtig weh, wenn eben außen lebende Eltern das dann so mitkriegen.
00:21:46: Und da muss man feinfühlig auch da wieder damit umgehen, weil das hat ja für jeden immer eine Auswirkung.
00:21:52: Und sollte dann auch da wieder feinfühlig damit umgegangen werden.
00:21:58: Und wie immer haben wir keine Antworten, sondern können nur darauf hinweisen, was eben schwierige Themen sein können.
00:22:06: Ja.
00:22:07: Bei dem Kind anzusagen, nee, ich bin nicht deine Mama, kann ja auch großen Schaden verursachen.
00:22:12: Also das kann ja als eine Riesen-Zurückweisung wahrgenommen werden, wenn gerade das Vertrauen gefasst wurde,
00:22:18: dann gesagt bekommen, nee, nee, da legst du falsch, ist ja auch schwierig.
00:22:23: Ja, ich glaube, es ist eben tatsächlich individuell immer wieder anzuschauen, wie geht man damit um?
00:22:30: Das heißt ganz konkret, wenn man im Bodensee-Kreis lebt oder in der Nähe, dann kann man sich an euch wenden,
00:22:37: an Kinder im Blick für Trennungsfamilien, aber natürlich auch in die normale Familienerziehungsberatung kommen,
00:22:45: einfach mal einen Termin machen und eben auch über solche Themen sprechen.
00:22:49: Genau, ja.
00:22:50: Und durchaus, das muss nicht immer das Riesen-Problem schon sein, wir begrüßen es auch, wenn Menschen kommen,
00:22:56: die einfach sagen, das ist unsere neue Lebensaufgabe.
00:23:00: Ich sage mal, Salopp, das Kind muss nicht erst in Brunnen fallen,
00:23:03: sondern ich kann ja mir hilfreiche Ideen holen, was ich beachten kann.
00:23:10: Und wir haben durchaus, wenn es um eine Stufe früher geht, auch Eltern, die, wenn sie sich trennen,
00:23:17: gemeinsam kommen und sagen, wir wollen das gut für unsere Kinder machen, was können wir beachten?
00:23:23: Also der Trend ist in den letzten Jahren auch zu beobachten, dass es eben diese Eltern gibt,
00:23:30: die versuchen da, sich Unterstützung zu holen, dass es hilfreicher abläuft,
00:23:38: dass Emotionen nicht erst so hoch schlagen müssen, sondern sie sich wirklich fachliche Unterstützung holen,
00:23:45: was sie beachten können.
00:23:47: Das ist schön, dass du den Trend siehst.
00:23:49: Und das ist auch was, was wir im Podcast immer wieder sagen, keine Scheu den Kontakt zu suchen,
00:23:54: auch eben bevor das Kind in den Brunnen fällt.
00:23:57: Man wird da nicht ausgelacht oder belächelt oder weggeschickt,
00:24:00: sondern es freuen sich alle Kollegen und Kolleginnen, ein entspanntes Beraten,
00:24:05: das Gespräch zu führen, ohne akute Probleme zu haben.
00:24:09: Und ein, zwei Termine im Vorfeld können ja vielleicht auch die zehn Termine ein Jahr später ersetzen,
00:24:15: wenn man da einfach ein bisschen vorbereiteter in so eine Situation reingeht.
00:24:19: Genau, das hast du schön zusammengefasst.
00:24:21: Ich nenne das immer die homopratische Dosis, erspart hinterher vielleicht eine Dauermedikation,
00:24:27: wenn wir in dem Bild sprechen.
00:24:29: Wir begrüßen das sehr, weil das manchmal sehr viel Ärger auch erspart,
00:24:34: wenn man manche Dinge einfach beachtet.
00:24:36: Also eben gerade dieses Sorgsam gucken, wie mache ich das, wenn es um neue Partner geht,
00:24:41: worauf kann ich achten.
00:24:43: Und da gibt es schon einige Dinge, die ich beachten kann.
00:24:46: Also so diese langsamen Schritte, erstmal sich selber klarer werden,
00:24:51: gut überlegen, wie kommunizieren wir, welche Rituale schaffen wir uns auch
00:24:56: und welche behalten wir auch bei.
00:24:59: Also gerade in Neuzusammengesetzendfamilien, um da wieder zurückzukommen,
00:25:03: ist es ja durchaus auch hilfreich zu überlegen,
00:25:06: was bewahre ich mir mit meinen leiblichen Kindern an Ritualen,
00:25:12: die auch alleine weiterhin stattfinden.
00:25:15: Und wo haben wir neue gemeinsame Rituale, die wir pflegen als zusammengesetzt.
00:25:20: Und umgekehrt ja, wenn es eben meine und deine Kinder,
00:25:24: dann gibt es vielleicht Mama Macht mit ihren leiblichen Kindern,
00:25:27: ab und an bestimmtes Ritual, was halt immer lieb gewonnen war
00:25:32: und was man bewahren sollte, wo die anderen auch nicht dazu müssen oder sollen.
00:25:39: Also Mut auch, Dinge mal getrennt zu machen.
00:25:42: Also das kriege ich auch manchmal mit, dass da manchmal der Mut ein bisschen fehlt,
00:25:46: weil man will die anderen ja nicht ausboten, aber darum geht es ja gar nicht.
00:25:50: Es geht einfach darum, dass ich eben manchmal nur mit meiner Mama, nur mit meinem Papa,
00:25:55: auch wenn ich den neuen Partner, die neue Partnerin lieb gewonnen habe,
00:26:00: ist es halt trotzdem etwas anderes.
00:26:03: Ja, ich halte das eh für eine totale Wunderwaffe.
00:26:06: Ein Kind mit einem Elternteil, Alone Time zu haben, wo man einfach nur füreinander da ist
00:26:13: und auch in Nicht-Patchwork-Familien, dass da nicht die Geschwister eben dazwischen funken
00:26:18: und man dann doch wieder mehrere Bedürfnisse abdecken muss.
00:26:22: Ich nehme das als sehr, sehr einfach war.
00:26:25: Mit einem Kind ist irgendwie alles sehr viel leichter.
00:26:28: Man kommt total harmonisch durch den Tag und das ist eine wertvolle Zeit.
00:26:34: Und ich glaube in Patchwork-Familien ist das nicht anders,
00:26:37: sowohl mit den eigenen Kindern als auch vielleicht mit den neuen Kindern
00:26:41: einfach mal alleine was zu machen, um eine individuelle Basis miteinander zu bekommen.
00:26:47: Ich glaube, das kann sehr, sehr hilfreich sein, dann eben auch als Familie zusammenzuwachsen.
00:26:51: Ja, also es braucht einfach die verschiedenen Ebene.
00:26:54: Wenn es möglich ist, alleine mal was zu machen, genauso wie das gemeinsam
00:27:00: in den unterschiedlichen Konstellationen genauso wie Paarzeit, braucht es eben auch.
00:27:05: Das ist natürlich alles gar nicht so einfach, weil der logistisch ja mit so vielen Personen
00:27:11: viel zu organisieren ist und spontan in der Regel die Zeit nicht da ist.
00:27:18: Also tatsächlich, Familienzeit zu planen, mit einem Terminkalender,
00:27:24: macht da schon sehr viel Sinn und ich spreche jetzt nicht von den großen Aktionen.
00:27:29: Das müssen nicht die "Ich mache einen großen Ausflug mit Kind" ABC,
00:27:33: sondern "Ich habe kleine Einheiten, die aber eine gewisse Sicherheit und die gut umsetzbar sind".
00:27:40: Also klein, klein macht manchmal ganz viel, also in groß zu denken, was da nie stattfindet,
00:27:48: weil es einfach gar nicht möglich ist in der Herausforderung, die ja sonst mit Berufstätigkeit
00:27:53: und diese unterschiedlichsten Freizeitaktivitäten, die Kinder ja auch mitbringen.
00:27:58: Die haben ja auch ihre Aktionen und ihre Vereine und was auch immer da Familien dazu meistern haben.
00:28:06: Auf jeden Fall. Der Ganztagesausflug mit einem einzelnen Kind, der lange geplant wird
00:28:12: und dann vielleicht doch wieder verschoben werden muss und zu Frust und Traurigkeit führt.
00:28:17: Das ist schön, wenn das auch klappt, aber einfach mal gemeinsam einkaufen gehen
00:28:22: und danach noch ein Kaba trinken, das sind so diese niederschwelligen Sachen, die wirklich auch in den Alltag reinpassen.
00:28:29: Und wenn man davon immer wieder welche hat, das ist, glaube ich, sehr, sehr wertvoll.
00:28:34: Ich habe mich ja im Vorfeld auch mit einer Patchwork-Mama unterhalten, die genau so eine Konstellation
00:28:41: schon zu Ende gespielt hat, die Kinder sind inzwischen erwachsen.
00:28:44: Und ein Thema, was da wiederholt kam und was auch ganz wichtig war, war, was wir vorhin schon angesprochen haben,
00:28:52: dass die neuen Partner in der Familie an einem Strang ziehen.
00:28:57: Das war so mit das Wichtigste eigentlich, was auch in den Augen der Mama zum Erfolg der Patchwork-Familie beigetragen hat.
00:29:05: Dass man sich wirklich vorher eigentlich war, wie möchten wir in unserer Familie erziehen?
00:29:11: Was sind eben auch Rituale? Was sind Abläufe?
00:29:15: Und eben auch die unterschiedlichen Erziehungsstile so gut, wie es geht, zu harmonisieren?
00:29:20: Heißt ja nicht, dass jeder alles gleich macht, aber dass man eben zumindest dieselbe Sprache spricht
00:29:26: und eben auch nicht diesem Thema Tür und Tor öffnet, dass dann auch Kinder die Erwachsenen gegeneinander ausspielen.
00:29:34: Ob sie das jetzt absichtlich tun oder unabsichtlich, dass dann so ein Ding entsteht.
00:29:39: Bei dem Thema gehe ich zur Mama, weil da komme ich damit eher durch.
00:29:43: Und bei einem anderen gehe ich zum Stiefvater oder eben zu Jürgen, wer es ist,
00:29:47: dass da eben eine harmonische, homogene Familie entstehen kann.
00:29:52: War es da wohl ganz wichtig, dass man eine Sprache spricht und gemeinsam auftritt,
00:29:56: um eben gleich dann so eine Zersplitterung zu vermeiden.
00:30:00: Also kann ich mir gut vorstellen.
00:30:02: Also das sind natürlich, wenn man da vorbereitend und immer wieder nachbereitend sich da updated
00:30:08: und abgleicht, ist das natürlich immens hilfreich für die Kinder, ganz klar.
00:30:13: Und das ist eben dieses, wir erziehen oder wir leben nicht einfach drauf los,
00:30:18: sondern wir tauschen uns aus und wir gucken immer wieder, was passt für uns alle.
00:30:23: Im Prinzip ist es das ja, was du beschrieben hast, was diese Mama auch so beschrieben hat,
00:30:27: was bei ihnen sehr zum Erfolg beigetragen hat.
00:30:31: Wenn das möglich ist, ist es ganz toll.
00:30:33: Wenn das weniger möglich ist und da bleiben halt an manchen Stellen, hat man einfach unterschiedliche Haltung,
00:30:39: dann würde es eher darum gehen, dann die Zuständigkeiten zu klären.
00:30:44: Weiß ich das Thema Medien entscheidet der Papa oder nehmen wir das Beispiel nochmal Jürgen.
00:30:50: Und Mama hält sich raus.
00:30:52: Ja, ja.
00:30:53: Das ist nicht anders wie in Erstfamilien.
00:30:56: Eigentlich geht es da um das Gleiche.
00:30:58: Wenn Eltern beginnen vor ihren Kindern permanent zu diskutieren,
00:31:01: kommen Kinder in eine Verunsicherung und gucken halt zu wem gehen sie zu welchem Thema.
00:31:07: Auch da wird man sich nicht immer einig werden.
00:31:10: Aber wenn das möglich ist, sich einig zu werden und wenn man das ich sage mal hinter den Kulissen immer voraus bereitet oder nachbereitet,
00:31:18: ist es halt einfacher, weil man hat dann natürlich im anderen Elternteil immer eine Lobby.
00:31:24: Ja.
00:31:25: Man erzieht als Eltern und nicht Mama sagt Hü, und Papa sagt Hot.
00:31:29: Richtig, ja.
00:31:31: Und die Verunsicherung, die gilt es zu vermeiden.
00:31:34: Und das ist natürlich besonders wichtig in Patchwork-Familien,
00:31:37: wo das Thema Verunsicherung, Unsicherheit gleich schon mal eine größere Rolle spielt.
00:31:41: Ja, genau.
00:31:42: Also da ist es einfach nochmal ein Tick wichtiger, da zu schauen und zu sprechen miteinander.
00:31:49: Was bei unserem Gespräch auch noch aufkam, war eben das Thema des schlechten Gewissens.
00:31:54: Dass Eltern oft natürlich wegen der Trennung schon sich schlecht fühlen und vielleicht auch das Gefühl haben,
00:32:01: versagt zu haben als Eltern, weil die eher die Beziehung auseinandergegangen ist.
00:32:07: Und dass dann eben oft so ein schlechtes Gewissen im Grundtorn schon mitschwingt.
00:32:12: Und wenn es dann darum geht, eine neue Beziehung einzugehen,
00:32:15: dass das dann eben auch immer im Hinterkopf sein kann,
00:32:18: tue ich das jetzt für mich, bin ich da jetzt egoistisch,
00:32:21: tue ich meinen Kindern damit was Schlechtes oder ist es im Gegenteil gut,
00:32:26: weil eben wieder eine präsentere Vaterfigur wieder in die Familie einzughalten könnte.
00:32:32: Also das Thema schlechtes Gewissen ist, glaube ich, auch ein großes Thema
00:32:37: für Menschen in Trennungfamilien, in Patchwork-Familien.
00:32:41: Ja, auf jeden Fall.
00:32:42: Also darf ich das überhaupt, darf ich für mich gut sorgen
00:32:46: oder mute ich meinem Kind schon wieder irgendwas zu
00:32:49: und das muss ich schon wieder anpassen, umgewöhnen.
00:32:52: Also das ist schon auch eine Herausforderung letztendlich.
00:32:56: Und werde ich auch, also einmal dem Kind gegenüber,
00:32:58: aber auch dem neuen Partner gegenüber, werde ich dem auch gerecht.
00:33:02: Also es ist so dieses Schonglieren in alle Richtungen,
00:33:06: was manchmal schon auch ganz schön anstrengend sein kann.
00:33:09: Und dann könnte ich mir vorstellen, dass dann auch das Bedürfnis vielleicht da ist,
00:33:13: das mit dem Kind zu besprechen oder auch um Erlaubnis zu fragen,
00:33:18: ist es okay für dich, wärst du bereit, dass ich jetzt eine neue Beziehung habe,
00:33:22: was aber, denke ich, auch schnell schwierig sein kann, je nach Alter der Kinder,
00:33:26: dann auch eine Überforderung darstellen kann und auch eine Verunsicherung.
00:33:30: Ja, da kommt es immer auf die individuelle Beziehung drauf an.
00:33:33: Die Vordertrennung da war auch die Zeit, wo man vielleicht alleine miteinander,
00:33:38: manchmal sehr, sehr eng auch gelebt hat.
00:33:41: Also manchmal rutschen Kinder ja auch fast in so eine Rolle wie Partnerersatz.
00:33:45: Da erlebe ich das immer wieder so, dass das dann schwierig ist für Kinder,
00:33:49: wenn sie da wieder ins Kinderglied zurück sollen,
00:33:53: was ja auf der einen Seite tatsächlich eine Entlastung für Kinder ist.
00:33:57: Gleichzeitig aber auch, wenn sie gewohnt waren, oh, jetzt ging es immer nur um mich,
00:34:03: kann das auch wieder so, ich werde zurückgesetzt, ich bin nicht mehr so wichtig.
00:34:07: Das ist dann halt auch so eine Phase, wie macht man das miteinander?
00:34:11: Und ich glaube, Kinder fühlen sich schon auch entlastet,
00:34:15: wenn sie dauerhaft merken, Papa und Mama geht es wieder besser.
00:34:19: Weil manchmal sorgen sich Kinder ja auch, Mama oder Papa sind so traurig.
00:34:23: Und da kann manchmal neuer Partnerin, neuer Partnerin,
00:34:27: ganz viel Perspektive wieder nach vorne geben.
00:34:30: Wenn Kinder das merken, habe ich so die Erfahrungen gemacht,
00:34:33: öffnen sie sich manchmal auch leichter für die neue Person, die dazukommt,
00:34:39: weil sie eben merken, ah, das ist jemand, der tut oder die tut Mama oder Papa gut.
00:34:45: Ja, das ist ein sehr schöner Gedanke,
00:34:47: dass vielleicht manchmal gar nicht die Frage, was ist für mein Kind am besten,
00:34:51: was ist für meinen neuen Partner, Partnerin am besten, die richtige ist,
00:34:55: was ist für mich am besten.
00:34:57: Und wenn es mir gut geht, dann geht es uns gut.
00:35:01: Ja, systemisch gesehen hängt da eben ganz vieles miteinander zusammen.
00:35:05: Auf vielen Ebenen und es ist eben nicht eindimensional,
00:35:09: sondern es ist wirklich breit zu betrachten.
00:35:11: Und deswegen auch kleine sorgsame Schritte mit Zeit, sich aneinander zu gewöhnen,
00:35:18: sich aufeinander einzustellen.
00:35:20: Es ist nicht etwas, was so von heute auf morgen ganz schnell geht in der Euphorie,
00:35:25: sondern es braucht einfach so ein Stück weit Geduld und Engagement.
00:35:31: Da schließt sich der Kreis zum System Familie.
00:35:34: Das war auch ein sehr, sehr schöner Schlusssatz, wie ich finde.
00:35:37: Ristine, vielen Dank, dass du heute da warst.
00:35:40: Mir hat es großen Spaß gemacht.
00:35:42: Ja, mir auch, spannend.
00:35:43: Ich hoffe den Menschen, die zuhören ebenfalls.
00:35:46: Und vielleicht waren da ein paar interessante Denkanstöße drin,
00:35:50: falls man sich gerade selber in so einer Situation befindet.
00:35:53: Vielen Dank fürs Gespräch.
00:35:55: Danke ebenfalls.
00:35:56: Das war "Hört euch stark", der Podcast der Caritas Bodensee Oberschwaben.
00:36:01: Schön, dass ihr dabei wart.
00:36:02: Und wir hören es wieder beim nächsten Mal.
00:36:05: [Musik]
00:36:10: "Hört euch stark" wird produziert von der Caritas Bodensee Oberschwaben
00:36:14: und unterstützt von der Deutschen Fernsehlotterie.
00:36:17: [Musik]
00:36:23: Weitere Infos und alle Folgen gibt es unter machtsausstark.com
00:36:27: und überall wo es Podcasts gibt.
00:36:29: [Musik]
00:36:45: [Musik]
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