Eltern werden—Paar bleiben
Shownotes
Die Vorfreude war groß, die Erwartungen auch. Jetzt ist der Familienzuwachs da, und stellt die Welt auf den Kopf. Wo bleibt da noch Zeit für die Paarbeziehung? Wie gehen wir mit den Herausforderungen dieser neuen Lebenssituation um? Moderator Florian spricht mit der Beziehungsberaterin Laura Schuh und Anna, die als Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern diese Phase bereits hinter sich gebracht hat.
Wir haben Literaturempfehlungen für euch:
Der kleine Eheretter Röder, Monika (2021). Der kleine Eheretter. Ein einfaches 3-Schritte-Programm für Paare. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Verlag. Hier wird von einer Paartherapeutin genauer beschrieben, wie Paare bei Streit konstruktiv vorgehen können, wovon ich auch gesprochen habe. Sich erst zu stoppen und zu regulieren, um dann später auf eine andere Weise das Gespräch aufzunehmen. Es ist ein Selbsthilfebuch gerichtet an Paare. Von ihr gibt es auch "Den kleinen Seelenretter", habe ich auch, wo sie das Thema Wege zur Selbstregulation für Betroffene verständlich beschreibt.
Schöner Streiten - Der kleine Paarberater Brockhausen, Berit (2016). Schöner Streiten. Der kleine Paarberater. München: Kösel-Verlag. Ein kleines schön illustriertes Büchlein auch direkt an Paare gerichtet, geschrieben von einer Psychologin und Paar-/Sexualberaterin, thematisch geht es auch um das Thema Streit und Konflikte
5 Sprachen der Liebe Chapman, Gary (2023). Die 5 Sprachen der Liebe. Für Wenig-Leser. Francke. Eine kürzere Lektüre, wenn man nicht soviel Zeit hat zu lesen
Website: STARK Streit und Trennung meistern. Alltagshilfe, Rat und Konfliktlösung – online verfügbar unter: https://www.stark-familie.info/de/
Apps: Paaradies https://damit-die-liebe-bleibt.de/paaradies-app/ Paaradies® wurde unter der Leitung von Frau Dr. Sandra Hensel am Institut für Kommunikationstherapie und angewandte Forschung in Partnerschaft und Familie e.V., einer Einrichtung der Erzdiözese München und Freising entwickelt. App und Website folgen inhaltlich den Konzepten von Dr. Joachim Engl und Dr. Franz Thurmaier, den Entwicklern der international bekannten Kommunikationstrainings EPL und KEK. Die Konzepte verwenden wir auch inhaltlich zum Teil in der Beratung.
Paarbalance https://www.paarbalance.de/ Digitale Angebote von Paarlife von Prof. Dr. Guy Bodenmann und Team (Schweiz) mit der Universität Zürich, aber ich glaube keine App:
Paarlife https://www.paarlife.ch/digitale-angebote-und-ratgeber Hier gibt es unter anderem ein Online-Training
Die Familienberatung der Caritas Bodensee-Oberschwaben findet ihr hier.
HörtEUCHStark wird unterstützt von der Deutschen Fernsehlotterie.
Transkript anzeigen
00:00:00: Willkommen bei Hörterstark, den Eltern-Podcast der Caritas Bodensee Oberschwaben.
00:00:08: Hallo und herzlich willkommen zur Folge Nummer 4 von Hörte euch stark dem Eltern-Podcast
00:00:24: der Caritas Bodensee Oberschwaben.
00:00:26: Heute geht es bei uns um das Thema Eltern werden, paar bleiben und ich habe nicht nur einen,
00:00:32: sondern gleich zwei Gäste bei mir und wir fangen an mit der Laura und sagen Hallo.
00:00:37: Die Laura ist Sozialpädagogin und systemisch integrative Partherapeutin und du darfst
00:00:43: direkt mal damit anfangen mir zu erklären was das ist.
00:00:47: Ja also systemisch integrative Partherapeutin, genau was ist das eigentlich?
00:00:53: Systemisch ist ein Therapie- und Beratungsansatz und integrativ bedeutet das noch weitere
00:01:00: Therapieschulen in den Partherapie-Ansatz integriert werden.
00:01:03: Partherapeutin bedeutet dass die Paarbeziehung therapiert wird in Anführungsstriche, also
00:01:10: dass es um die Paarbeziehung geht und nicht um die einzelnen Partner und Partnerinnen.
00:01:15: Okay, dann weiß ich jetzt ein bisschen mehr.
00:01:18: Du bist unsere Spezialistin heute quasi.
00:01:20: Und mein zweiter Gast ist die Anna.
00:01:23: Hallo Anna.
00:01:24: Hallo.
00:01:25: Warum bist du denn heute hier?
00:01:26: Ich bin eingeladen worden zu kommen als eine alte erfahrene Mutter, die die Phase des
00:01:36: Eltern werden schon lange hinter sich hat und tatsächlich auch geschafft hat Paar zu
00:01:42: bleiben mit meinem Mann.
00:01:43: Ja und ich soll einfach so ein bisschen was aus meiner Erfahrungskiste dazu beitragen
00:01:48: zu diesem Thema.
00:01:49: Genau, da freue ich mich drauf.
00:01:51: Zwei Kinder hast du groß oder habt ihr großgezogen?
00:01:53: Ja genau.
00:01:54: Genau, da wollen wir heute darüber sprechen.
00:01:57: Laura, ist das oft ein Thema in deiner Beratungstätigkeit, was auftaucht?
00:02:01: Also man kann schon sagen, die größte Anzahl an Anmeldungen von Paarberatungen sind wirklich
00:02:08: die Elternpaare, also Paare, die Eltern geworden sind und nach Geburt des ersten Kindes, manchmal
00:02:15: auch erst mit dem zweiten Kind, da haben sich dann die Paarprobleme manifestiert.
00:02:20: Ja, kann ich mir gut vorstellen.
00:02:21: Also da erinnert sich einfach mal ganz ganz viel.
00:02:24: Was sind denn so die Fragestellungen oder Situationen aus denen die Leute dann zu dir kommen?
00:02:29: Also zum einen ist die Paarbeziehung oft ganz von der Elternrolle überlagert worden.
00:02:35: Also das Paar ist kein Liebespaar mehr, sondern es steht einfach der Alltag als Eltern im
00:02:42: Vordergrund.
00:02:43: Das ist ein großes Zeitproblem.
00:02:45: Da, wie haben wir überhaupt noch Zeit für Zweisamkeit, rein organisatorisch, das ist
00:02:52: ein großes Thema.
00:02:53: Dann gibt es auch immer wieder, bis mal in eine Paarberatung geht, da gibt es meist schon
00:02:58: größere Konflikte.
00:03:00: Bis Paare sich entscheiden, eine Beratung aufzusuchen und es sind meist dann Konflikte, was auch
00:03:06: so das Kind betrifft, die Erziehung, die Betreuung des Kindes.
00:03:11: Also da zeigt sich dann die Unterschiedlichkeit.
00:03:13: Das Paar war vorher, hatte auch schon eine Unterschiedlichkeit.
00:03:17: Das ist ja auch das, was Paare meist zusammenführt, aber das wird dann meist in dieser Phase
00:03:22: zum Problem.
00:03:23: Ich habe auch das Gefühl, dass Kinder da oft ein Thema sind, das so kompromisslos wahrgenommen
00:03:30: wird.
00:03:31: Also da, wenn es Unterschiede in der Paarbeziehung gibt, dann kann man da wunderbar damit leben
00:03:34: oft und kann sich da arrangieren.
00:03:37: Aber wenn es um das Kind geht, dann wird alles schnell absolut und dann muss man sich da
00:03:42: einig sein und jede Differenz wird dann schnell zum Problem.
00:03:47: Das stimmt also.
00:03:48: Beide Elternteile wollen es halt auch richtig gut machen.
00:03:50: Beide haben auch wirklich gute Ideen.
00:03:52: Als Paarberaterin bin ich ja neutral hinsichtlich der Erziehungsvorstellungen.
00:03:58: Es sei denn, es ist jetzt was ganz gravierend Abweichendes, aber das erleben wir jetzt kaum.
00:04:03: Also ich bin da ganz neutral und kann sagen, ja, das was Sie mir erzählen, das klingt
00:04:07: gut und das was Sie erzählen auch, aber es passt nicht zusammen und da wirklich auszuhalten,
00:04:13: okay, wir haben da unterschiedliche Ideen und der eine macht so und der andere so.
00:04:18: Und es kann ein Kind auch gut lernen oder damit umgehen zu sehen.
00:04:23: Meine Eltern sind ja unterschiedlich.
00:04:25: Schwierig wird es dann, wenn ein Elternteil des Verhalten oder die Erziehungsmethode, sage
00:04:31: ich mal, vom anderen abwertet.
00:04:33: Also das ist für Kinder schwierig auszuhalten, aber zu sehen, okay, beim Papa ist es halt
00:04:39: so und bei der Mama so, das können die schon.
00:04:41: Du hast jetzt gerade so ganz stark auf diese gegenseitigen Erwartungen der Eltern.
00:04:47: Wir müssen uns einig sein in Bezug auf den Umgang mit dem Kind.
00:04:51: Also früher hat man ja dann auch mal gesagt, wir müssen an einem Strang ziehen, sonst macht
00:04:56: es mit uns, was es will.
00:04:57: Um das geht es heutzutage glaube nicht mehr, sondern wir wollen es so gut machen und so
00:05:02: toll machen und da darf uns gerade nichts dazwischen kommen.
00:05:06: Und da ist mir gerade so eingefallen, wirklich so dieser alte Spruch, um ein Kind groß zu
00:05:10: ziehen braucht es ein ganzes Dorf, das ist ein afrikanischer Spruch.
00:05:14: Und die Reduzierung auf diese Kleinfamilie, die ja sehr stark verbreitet ist, schon seit
00:05:20: vielen Jahren, macht eigentlich genau dieses Aufwachsen auch schwierig.
00:05:25: Also das heißt, wenn das Dorftrumrum, wenn das Umfeldrumrum nicht auch zur Verfügung
00:05:30: steht und die Eltern ganz auf sich gestellt sind mit allen Erwartungen, die von außen
00:05:36: und von ihnen kommen, kann das nur zu Stress führen.
00:05:40: Und der artet dann so aus, dass man sich über verhaltensweise Gegenüber und Kind dann streitet
00:05:46: oder nicht einig ist.
00:05:47: Ja das kriegen andere Kulturen glaube ich besser hin, dieses It Takes a Village, das Dorf,
00:05:53: das das mit erzieht.
00:05:54: Das ist, habe ich das Gefühl in unserer Kultur so ein bisschen ein Ding, dass die Eltern
00:06:01: oft auf sich allein gestellt sind oder das Gefühl zumindest haben, auf sich allein gestellt
00:06:07: zu sein.
00:06:08: Ist das so?
00:06:09: Tatsächlich kann ich mich da anschließen, die Paare, die Paarberatungen in Anspruch neben
00:06:13: haben meist kein familiäres Unterstützungssystem durch Großeltern, sei es, dass die so weit
00:06:19: wegwohnen kein Kontakt besteht und auch im sonstigen Umfeld fast nie jemand, der mal
00:06:26: auf das Kind aufpassen kann oder wo irgendeine anderen Art Unterstützung erfolgt.
00:06:32: Also sie sind wirklich oft auf sich alleine gestellt und dann mit diesem Perfektionsdruck,
00:06:37: der einfach von außen auch da ist, konfrontiert.
00:06:40: Ja, kann ich mich gut anschließen.
00:06:42: Wir leben im ländlichen Raum und in einer Wohnsiedlung, in der zu der Zeit ganz viele
00:06:47: junge Familien gelebt haben.
00:06:49: Das war dieses Dorf letztendlich.
00:06:52: Das war jetzt nicht unbedingt über die Großeltern oder Tante und Onkel oder so abgedeckt, aber
00:06:58: das war dieses Dorf.
00:06:59: Man hat gewusst voneinander und man hat im Grunde genommen aus sich gegenseitig unterstützt
00:07:05: und auskaufen und miteinander eigentlich auch Alltag gelebt.
00:07:10: Da kommen wir auch noch vielleicht ein bisschen so aus der alten 68er Generation, wo dieses
00:07:17: Miteinander als neue Lebensform vielleicht auch hilfreich war, auch wenn man dann schlussendlich
00:07:23: in den eigenen Wohnungen oder Häusern gelebt hat.
00:07:26: Aber dieses Offensein für das, was davon außen an Möglichkeiten gab, war schon sehr ausgeprägt,
00:07:32: würde ich sagen.
00:07:33: Ja, das stelle ich mir total schön vor.
00:07:35: Oder ich stelle es mir nicht nur vor, wir haben tatsächlich bei uns ein bisschen so
00:07:38: was Ähnliches, dass wir auch ein recht enges Netzwerk haben aus den Leuten, die bei uns
00:07:42: leben.
00:07:43: Ich würde jetzt auch nicht in einer Kommune ohne Türen an den Zimmern leben wollen, aber
00:07:47: jemanden zu haben, von dem man weiß, wenn es brennt, kann ich auf Hilfe zurückgreifen
00:07:52: und ich bin eben nicht alleine.
00:07:54: Das ist schon wahnsinnig viel wert und wahnsinnig wichtig.
00:07:57: Da fällt mir wirklich eine kleine Situation ein aus unserer Nachbarschaft.
00:08:01: Da gab es einen 5-jährigen, der halt so richtig am Trotzen und am Toben und am Was weiß ich
00:08:06: war.
00:08:07: Und da kam die einfach rüber, gerast zu uns und hat gesagt, es gibt nichts Schlimmeres
00:08:11: wie einen 5-jährigen Tschüss und ist wieder gegangen und hat sich wieder auf ihren Sohn
00:08:15: einlassen können.
00:08:16: Aber sie musste das einfach rauslassen und diese Türen braucht es, egal wie die heißen.
00:08:22: Und wenn es nur ist, 10 Sekunden über das eigene Kind zu schimpfen, das kann schon
00:08:26: reichen in dem Moment.
00:08:28: Wenn es dieses Netzwerk nicht gibt, dann prallen ja auch so die ganzen ersten Gedanken, die
00:08:34: man hat, als Antwort auf die Frage, wie bleibe ich denn paar, prallen ja an solchen Familien
00:08:40: erst mal komplett ab.
00:08:41: Und die Standardantwort, die man sich vorstellt, ist ja vielleicht, ja ihr müsst auf eure
00:08:45: Beziehung achten, ihr müsst euch Zeit für euch nehmen, einfach mal Freiraum schaffen
00:08:50: und dann gemütlich bei Kerzenlicht gemeinsam Abendessen und den Partner, die Partnerin
00:08:55: fragen, wie geht es dir denn gerade?
00:08:57: Das geht ja nicht.
00:08:58: Also, wo nehme ich diese Zeit her, wo nehme ich die Energie her, wenn ich dieses Netzwerk
00:09:02: nicht habe?
00:09:03: Was ist denn überhaupt realistisch machbar?
00:09:05: Also es ist tatsächlich so, dass die Paarbeziehung schon gepflegt werden muss, wenn man sie erhalten
00:09:10: möchte.
00:09:11: In der Verliebtheitsphase ist es ja oft erst mal ein Selbstläufer, deswegen denken Paare
00:09:17: vielleicht gar nicht dran, ah, da muss ich ja auch rein investieren.
00:09:21: Gleichzeitig sollte es natürlich keinen Druck auslösen.
00:09:24: Also dieses "Wir sitzen zusammen abends bei Kerzenschein" ist sehr unrealistisch, sondern
00:09:32: eher zu gucken, okay, was sind wirklich ganz kleine Momente, wo wir so ein positives Gefühl
00:09:39: miteinander haben.
00:09:40: Das kann ein Lächeln sein, mal Danke sagen, sich mal zehn Minuten hinsetzen, zusammen
00:09:46: Kaffee trinken, also wirklich ganz, also ganz klein schrittlich denken und zuschauen.
00:09:52: Also ein Stück weit sich als gemeinsame Partner in dieser Phase jetzt zu verstehen, also
00:09:59: zu sehen, okay, es ist so und wie können wir das jetzt durchstehen auch?
00:10:04: Wie können wir das durchhalten?
00:10:06: Also zu gucken, wo sind wirklich kleine Momente, wo wir unsere Beziehung, unser Miteinander
00:10:12: pflegen können und aber auch zu sehen, okay, wir sind ein gutes Eltern-Team, das kann auch
00:10:16: wiederum die Paareziehung positiv beeinflussen, aber wirklich klein denken.
00:10:22: Ich glaube, es geht schon um eine Grundhaltung.
00:10:27: Wie stehe ich zu den Herausforderungen meines und deines und unseres Lebens?
00:10:33: Was habe ich da für Vorstellungen?
00:10:35: Sind die jetzt völlig unterbrochen worden durch dieses Kind, oder diese Kinder, die
00:10:41: wir zwar unbedingt vielleicht wollten oder auch nicht, das gibt es ja alles auch.
00:10:46: Und was habe ich für eine Grundhaltung zu dem, was jetzt gerade ist und hat dann auch
00:10:53: Platz, dass zum Beispiel die Partnerschaft ein Stück weit zurücktreten muss als Einzelphänomen,
00:11:00: sondern wirklich ein Teil des Systems wird, da auch wertvoll ist, dass man das auch sich
00:11:05: gegenseitig respektvoll zeigt und das aber lebt in dieser neuen Lebensphase.
00:11:10: Ich kann nicht gleichzeitig frisch verliebt tun, wenn es gar nicht mehr so ist und dann
00:11:15: ist diese besondere Situation der Familie und dann natürlich noch viele, viele andere
00:11:19: Erwartungen, die auf die Familien einströmen, wirklich diese Haltung zu regnen, jetzt ist
00:11:25: es so.
00:11:26: Und das darf jetzt auch so sein und es darf auch mal schwierig sein.
00:11:30: Also wenn ich dich richtig verstehe, auch sich bewusst zu sein, dass man sich auch dafür
00:11:38: entschieden hat und dass man das mit einer gewissen Freiwilligkeit tut.
00:11:42: Meistens jedenfalls, ja.
00:11:44: Das Gefühl der Fremdbestimmtheit schleicht sich ja sehr, sehr oft ein, gerade wenn die
00:11:48: Familie und alle anderen Verpflichtungen jede verfügbare Minute einnehmen, sich dann bewusst
00:11:53: zu machen.
00:11:54: Ist es okay, die Situation so wie sie ist, darf so sein und das Candlelight-Dinner darf
00:11:59: auch ausfallen, weil wir uns einfach gerade in einer anderen Situation befinden.
00:12:03: Und der Wäschekorb darf überlaufen und das Wohnzimmer muss nicht sauber sein.
00:12:08: Also auch solche Dinge, dass man auch Ansprüche, die man an sich vielleicht stellt oder auch
00:12:13: an den Partner oder die Partnerin, du musst es machen oder warum hast du schon wieder,
00:12:17: also es ist ja dann auch so schnelle Vorwarsgeschichte, dass das einfach Teil dieser Situation ist
00:12:23: und man dann immer wieder so guckt und wo packe man es an.
00:12:27: Ja.
00:12:28: Ihr habt so der Grundhaltung gehört, denke ich, auch dieses Grundverständnis, dass man
00:12:30: sich eben auch als Team sieht und dass man nicht in diese Falle tappt aus entweder Schuldgefühlen
00:12:37: oder Schuldzuweisungen, da in so eine gegeneinander Situation zu kommen, in der man dann eben in
00:12:44: unterschiedliche Richtungen denkt.
00:12:45: Das muss ja gar nicht im Handeln passieren, sondern einfach in der Vorstellung von der
00:12:50: Partnerschaft, wenn sich das dreht, dass man sich entweder schuldig fühlt oder also man
00:12:56: hat das Gefühl selber nicht genug zu tun oder der andere tut nicht genug oder tut es
00:12:59: nicht auf die richtige Art, dann wird es sehr schnell sehr schwierig, denke ich.
00:13:03: Ich denke, wichtig ist auch zu gucken, wo hat jeder auch noch für sich ein Raum?
00:13:10: Also wo hat also nicht nur Eltern sein und Paar, sondern auch wo hat jeder noch Raum für
00:13:15: sich, für seine Bedürfnisse?
00:13:17: Das wird auch nur einen ganz kleinen Raum einnehmen, um dann auch wieder aufzutanken
00:13:23: und genau das auszuhalten, weil wenn das Stresslevel zu hoch ist, dann kann es leichter passieren,
00:13:29: aus einer wohlwollenden Haltung oder einer Fehlerfreundlichkeit so ein Stück weit rauszurutschen.
00:13:34: Wenn der Stress hoch ist, wenn die Ressourcen die Energie knapp ist, kann das einfach viel
00:13:39: leichter passieren.
00:13:40: Das ist das eine und ich wollte noch zu dem anderen eben was sagen, dass ich es halt auch
00:13:45: was schon wichtig finde, irgendwann wieder mehr an die Paarbeziehung anzuknüpfen.
00:13:49: Also es denke ich einen Unterschied, ob ein kleines Baby da ist oder ob die Kinder dann
00:13:54: schon im Grundschulleiter sind, weil ich erlebe, dass Eltern das da nicht mehr schaffen, den
00:13:58: Faden der Paarbeziehung nochmal aufzunehmen.
00:14:01: Also da gäbe es auf einmal Zeitressourcen oder das Kind könnte bei einer Freundin sein.
00:14:07: Das gäbe auf einmal Möglichkeiten und dann ist aber so, was machen wir dann eigentlich
00:14:12: miteinander oder wie sind wir nochmal ohne Kind?
00:14:15: Ja, das muss man neu lernen zum Teil.
00:14:17: Wenn man länger keine Zeit hatte, die Paarbeziehung zu leben, dann muss man sich erst mal wieder
00:14:23: reinfinden oder man findet eben nicht mehr rein.
00:14:27: Oder das.
00:14:28: Das ist natürlich auch eine Variante, nicht mehr reinzufinden.
00:14:33: Also jetzt Paare, die in die Paarberatung gehen.
00:14:37: Also möchten beide nochmal eine Chance geben, sonst würden sie sich ja nicht auf den Prozess
00:14:44: einlassen, das klären wir auch am Anfang ab.
00:14:47: Weil so eine Paarberatung sollte auch nochmal eine Entwicklung miteinander ermöglichen.
00:14:52: Aber wir können jetzt als Paarberater keine Beziehung retten.
00:14:56: Also es kann auch sein, es kommt zu einer Trennung und die Eltern versuchen weiterhin Eltern
00:15:02: zu bleiben, auch wenn sie kein Paar mehr sind.
00:15:04: Wir sind jetzt gerade eigentlich die ganze Zeit so in diesem System Familie geblieben
00:15:09: mit mehr oder weniger Umfeld in den Gedanken.
00:15:12: Aber ich denke, das kommt ja auch noch zu sehr vielen Einflüssen von außen.
00:15:17: Die Berufswelt spielt einfach eine riesengroße Rolle und ist knallhart heutzutage.
00:15:23: Find ich jedenfalls auch für Eltern eben schwierig, weil beide Teile möglichst arbeiten
00:15:30: sollten, wollen, müssen.
00:15:32: Je nachdem die Rollenverteilung hat sich verändert, ist manchmal auch nicht klar.
00:15:39: Man gibt was vor und man kann es nicht realisieren.
00:15:42: Und ich erlebe einfach schon, dass es auch weite Berufsfelder sind.
00:15:46: Wir sind jetzt alle aus dem sozialen Bereich, wo man sich verbiegt, dass das irgendwie
00:15:50: geht mit Familie.
00:15:51: Aber wenn man an andere Berufszweige denkt, dann ist es ganz arg schwierig, familiäre Bedürfnisse
00:15:57: da ins Spiel zu bringen, zu sagen, wir brauchen da Freiraum für uns als Familie.
00:16:02: Und das darf man meiner Ansicht nach überhaupt nicht unterschätzen, was das für Druckauswirkungen
00:16:08: auf das System Familie hat.
00:16:10: Und das steigt meiner Ansicht nach permanent dieser Druck.
00:16:14: Jetzt mit Wirtschaftskrise dann wahrscheinlich noch mehr.
00:16:17: Das öffentliche Betreuungssystem funktioniert nicht oder zu wenig.
00:16:22: Und die Familie sitzt da wirklich in einem Konflikt, der überhaupt nicht das Paar betrifft
00:16:28: von der Ausgangslage, aber der oft das Paar auch zurückschlägt.
00:16:32: Und das finde ich wirklich was ganz Wichtiges.
00:16:34: Denn ich glaube, davon sind ganz viele Familien stark betroffen.
00:16:38: Ganz bestimmt.
00:16:39: Das sind ja mehrere Faktoren, die du da ansprichst.
00:16:43: Das eine ist der eigene Anspruch, dass man eben nicht zufrieden ist mit dieser ein Ernährer,
00:16:49: ein Erzieher-Rollen-Verteilung und am besten noch klassisch, die Frau ist zu Hause und
00:16:54: der Mann geht arbeiten.
00:16:55: Das war sicherlich einfacher, sich die Frage nicht zu stellen, sondern so ist es.
00:17:00: Aber wollen wir natürlich nicht und das war sicherlich auch nicht gut, dass es der Anspruch
00:17:04: sich selbst zu verwirklichen und ein eigenes Modell zu leben.
00:17:08: Und eben auch der Anspruch, der von außen herangetragen wird oder der Anspruch an die eigene Erziehung
00:17:14: mit sehr viel mehr Energie das Kind groß zu ziehen.
00:17:17: Und eben auch nicht so, wie man es früher gemacht hat, zu sagen, du funktionierst jetzt
00:17:21: und du folgst und damit ist die Beziehung beendet.
00:17:24: Und ich denke auch, das geht jetzt auch nicht nur bei diesen erwachsenen Menschen drum.
00:17:29: Ich will mich verwirklichen oder so, sondern das ist eine Notwendigkeit auch, dass beide
00:17:33: Teile arbeiten gehen.
00:17:35: Das ist einfach auch zukunftsorientiert, je nachdem wie die Situation in einer Familie
00:17:40: dann auch weitergeht oder ausgeht.
00:17:42: Das gehört einfach heute zu und der Druck ist enorm hoch.
00:17:46: Und gleichzeitig eben auch der Druck, perfekte Familie zu sein und die Kinder noch in die
00:17:51: Musikschule und in das Turnen und dahin und dorthin zu fahren und zu kutschieren und ich
00:17:57: weiß nicht, was für Events und Angebote zu machen.
00:17:59: Der Druck, der davon außen kommt und auf Menschen prallt, auf Familien prallt, ist
00:18:05: riesig.
00:18:06: Ja, das Thema begegnet uns auch mit absoluter Sicherheit in jeder Folge bisher und das wird
00:18:12: sich sicherlich auch nicht ändern, dass die Ansprüche, die inneren und äußeren massiv
00:18:18: angestiegen sind und gefühlt auch immer weiter steigen.
00:18:20: Ja, davon muss man sich auch ein Stück weit freimachen.
00:18:23: Klar wollen wir bessere Beziehungen führen, wollen uns mehr verwirklichen und wollen auch
00:18:27: bessere Eltern sein, als dass unsere Eltern waren und die wollten bessere Eltern sein
00:18:32: als ihre davor.
00:18:33: Aber diesen Anspruch ans Perfekte, der ist tödlich.
00:18:37: Man wird ja auch ganz schlecht vorbereitet auf diese Rolle, oder?
00:18:43: Also, mir wurde schon im Vorfeld, ich habe mich mit befreundeten Familien unterhalten
00:18:49: und man bekommt natürlich schon viel mit, aber ganz viel eben auch nicht, was sich dann ändert,
00:18:54: wenn da plötzlich Kinder sind.
00:18:55: Und über ganz viele Sachen wird eben nicht gesprochen.
00:18:59: Zum Beispiel Emotionen, die man hat, die wirklich nicht schön sind und nicht angenehm.
00:19:04: Die Kinder, die einen triggern können, wie das vorher noch kein anderer Mensch geschafft
00:19:09: hat und auch Seiten an sich selbst einem zeigen, die man vorher nicht kannte und die
00:19:14: auch wirklich nicht schön sein müssen.
00:19:16: Das ist auch eine wahnsinnige Belastung, die auch wieder diesen Perfektionsanspruch konträr
00:19:23: gegenübersteht, zu merken, ich habe da Schwächen oder bin da anfällig für Belastungen, von
00:19:29: denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt.
00:19:32: Ja, es wird suggeriert, dass das Glück auf Erden ist, die Kinder zu haben und das stimmt
00:19:37: ja auch in ganz vielen Situationen, ist es ja tatsächlich auch so und das ist eine riesengroße
00:19:43: Bereicherung, das ist richtig.
00:19:45: Aber weil man sich so nahe ist und weil man ja wirklich verwandt ist, also sage ich jetzt
00:19:51: mal so ganz bewusst, zeigen die Kinder ihren Eltern den Spiegel und konfrontieren im Grunde
00:19:58: genommen mit Eigenschaften, die sich da widerspiegeln, die da wieder zum Vorschein kommen und das
00:20:04: kann ich auch bestätigen, dass auch meine wirklich sehr geliebten Kinder mich in Emotionen
00:20:10: getrieben haben, von denen ich nicht dachte, dass ich die habe oder wo ich immer bei Andrick
00:20:15: gesehen habe und dachte, oh Gott, das will irgendwie, was ist denn hier los und ich kann
00:20:19: mich noch an eine Situation erinnern, wo ich so wütend war und genau gewusst habe, nein,
00:20:24: ich schlage nicht, auf gar keinen Fall, dann habe ich auf den Tisch geschlagen mit der
00:20:28: Hand und die Hand hat mir so weh getan hinterher und dann habe ich gedacht, ja genau so ist
00:20:33: es, so weh tut es und deswegen hat es keinen Sinn diese Emotion so zu leben.
00:20:38: Aber man erschrickt über sich selbst, dass die Emotion überhaupt in einen drin steckt.
00:20:44: Ja, also das ist als Elternteil ja ganz schwierig oder fast wie nicht erlaubt auch über negative
00:20:52: Emotionen zu sprechen, die das Kind, das Eltern sein betreffen.
00:20:56: Deshalb ist es, denke ich, ganz wichtig auch im Austausch zu sein mit anderen Eltern.
00:21:01: Hier im Bodensee-Kreis gibt es ja die Familientreffs, wo Eltern mit Babys in Kontakt mit anderen
00:21:08: Müttern und Väter kommen können, gerade um dem auch dieser Isolation entgegenzuwirken,
00:21:14: um einfach auch zu sehen, auch anderen geht es ähnlich.
00:21:17: So, ich denke, das ist ja schon mal so der niedrigschwelligste Zugang zu sehen.
00:21:22: Auch andere Mütter oder Väter haben ähnliche Gefühle so.
00:21:27: Und was ich eben noch dazu sagen wollte, weil wir jetzt ja die ganze Zeit über die Anforderungen
00:21:33: und die vielen Faktoren in dieser Lebensphase sprechen, also auch in der Paarberatung ist
00:21:39: so am Anfang ganz wichtig als Berater oder Beraterin, das auch wirklich zu würdigen,
00:21:46: was die Eltern da gerade leisten, weil das machen die selbst oft gar nicht so, sondern
00:21:51: die Röderinnen und Machen und Tun und also auch zu sehen, was schaffen wir da eigentlich
00:21:56: gerade unten stückweit auch so die Last zu nehmen im Sinne von, das hat diese Lebensphase
00:22:02: in sich.
00:22:03: Also jede Lebensphase hat ihre Herausforderungen und Anpassungen, aber gerade hier läuft so
00:22:09: viel gleichzeitig zusammen.
00:22:11: Und da zu sehen, okay, es gibt einen großen Teil, da kann ich nichts dafür, das kann
00:22:17: ich auch nicht ändern, also da nochmal in diese Haltung von Akzeptanz reinzukommen.
00:22:21: Aber erst mal so, dass die Last so zu nehmen, es ist auch der Kontext, der bei jeder problematischen
00:22:28: Situation spielt ja der Kontext eine wichtige Rolle und hier den Lebenskontext mit reinzunehmen,
00:22:33: um sich selbst auch ein Stück weit zu entlasten.
00:22:36: Man muss viele Erwartungen anpassen und korrigieren.
00:22:40: Ja.
00:22:41: Und zu den krassen Emotionen, es geht ja um die Partnerschaft hier heute, da kommen
00:22:48: ja auch gegenüber dem Partner oder der Partnerin Emotionen hoch, die man so nicht hatte.
00:22:53: Das ist ja nicht nur das neue Familienmitglied, sondern diese neue Situation führt auch zu
00:22:58: Gefühlen gegenüber dem Partner, die man so vorher nicht kannte.
00:23:03: Also wir haben Konflikte in einer Intensität, seit Kinder da sind, wie es das vorher einfach
00:23:09: nicht gab, wahrscheinlich weil es auch einfach nichts gab, was so wichtig war.
00:23:14: Über alle anderen Themen kann man dann doch noch hinwegsehen und kann auch noch nicht
00:23:19: kann doch eher noch diese gesunde Distanz finden.
00:23:22: Bei den eigenen Kindern ist die erst mal überhaupt nicht da.
00:23:26: Ich finde es ganz wichtig, auch da zu versuchen,
00:23:29: die Vogelperspektive wieder zu finden.
00:23:31: Aber anfangs ist da erst mal gar nichts.
00:23:34: Da ist man hautnah dran.
00:23:36: Und ohne jede Distanz, ohne auch Reflexion,
00:23:39: ist das einfach das absolute wieder.
00:23:42: Ja, deshalb, du sagst ja grad schon, was es dann braucht.
00:23:46: Bei Konflikten, da braucht es ja die Distanz auch wieder.
00:23:50: Und es sich selbst reflektieren.
00:23:52: Deswegen ist es wichtig,
00:23:54: bzw. andersherum gesagt,
00:23:56: es erst mal auch normal in so Konflikte reinzugeraten.
00:23:59: Aber dann zu schauen, okay, wie gehen wir da
00:24:02: beim nächsten Mal damit um.
00:24:04: Und nicht einfach da reinzugerauschen
00:24:07: und sich dann alles an den Kopf zu werfen.
00:24:10: Weil das erst mal vielleicht gut ist, dass es raus ist.
00:24:13: Aber zu schauen beim nächsten Mal,
00:24:16: okay, können wir uns da frühzeitig stoppen.
00:24:18: Und erst mal, gerade wenn es auch um starke Emotionen geht,
00:24:22: dass sich erst mal jeder selbst beruhigt, selbst reguliert
00:24:25: und dann noch mal zum späteren Zeitpunkt
00:24:27: das Gespräch noch mal aufgenommen wird.
00:24:29: Das geht natürlich jetzt nicht mit jeder Sache.
00:24:32: Es gibt ja Dinge, die müssen direkt geklärt werden.
00:24:35: Aber zu schauen, wie können wir das stoppen,
00:24:38: wie können wir das ein Stück weit verlangsamen
00:24:40: und nicht so dann ineinander reinrauschen.
00:24:44: Und vielleicht hilft auch immer wieder mal
00:24:47: wirklich die Eigenreflektion,
00:24:50: nicht immer gleich wieder im Gespräch zu sein.
00:24:53: Und wie können wir, sondern was ist mein Anteil?
00:24:57: Warum reagiere ich da so?
00:25:01: Das muss man manchmal auch, glaube ich,
00:25:03: mit sich selber ausmachen oder vielleicht mit Freunden
00:25:06: oder Freundinnen.
00:25:07: Also gar nicht unbedingt mit dem Partner oder der Partnerin.
00:25:12: Und dann, das ist so was, was so mein Leben bestimmt,
00:25:17: mir immer wieder auch klar zu machen,
00:25:18: was ist mir an dem Menschen, in dem Fall meinem Partner,
00:25:22: immer schon so bedeutsam oder wichtig gewesen.
00:25:26: Welche Grundeigenschaft, die er für mich ausstrahlt oder zeigt,
00:25:32: ist für mich die wichtige und die ist so wertvoll,
00:25:35: dass alles andere eigentlich dahinterstehen könnte.
00:25:37: Wenn das so ist, ja.
00:25:39: Aber immer wieder sich auch darauf besinnen,
00:25:41: was hat es denn ausgemacht?
00:25:43: Und eben nicht nur diese Verliebtheit,
00:25:45: sondern dieses Wesen, das da vor mir sitzt oder steht oder so.
00:25:49: Und was macht es aus?
00:25:51: Was macht diesen Menschen aus und was macht er für mich wertvoll?
00:25:55: Und dann wird das andere manchmal auch ein bisschen weniger wichtig.
00:25:58: Selbst wenn man es in dem Moment vielleicht gerade gar nicht sehen kann
00:26:02: oder es gar keinen Platz hat?
00:26:03: Ja, schöne Vorstellung.
00:26:05: Also, oder schönes Bild, finde ich so.
00:26:08: Die Perspektive auch wieder zu wechseln
00:26:10: und den Fokus zu wechseln, ja.
00:26:12: Und ich mache jetzt noch mal einen Schritt zurück,
00:26:16: weil mir das auch total wichtig ist.
00:26:18: Wir haben es gerade schon angesprochen,
00:26:20: diese als ersten Schritt, die Akzeptanz dieser Gefühle
00:26:24: und dieser Gedanken zu haben.
00:26:25: Ich habe mich kürzlich erst mit einem guten Freund von mir unterhalten,
00:26:29: der auch zwei Kinder hat.
00:26:30: Und der hat dann im Gespräch, dann hat er plötzlich den Satz gesagt,
00:26:34: also, wenn ich gewusst hätte, wie das ist, Kinder zu haben,
00:26:36: ich hätte keine bekommen, hätte mich gegen Kinder entschieden.
00:26:40: Und meine erste Reaktion war, das kannst du doch nicht sagen,
00:26:43: das darfst du doch nicht denken.
00:26:45: Und man muss doch glücklich sein mit seiner Familie und seinen Kindern.
00:26:50: Und das muss man doch unterm Strich zumindest immer noch toll finden.
00:26:54: Und wir haben da dann ganz offen darüber gesprochen.
00:26:57: Und es war ein super Gespräch.
00:26:58: Und das ist natürlich nicht so.
00:27:00: Es ist erlaubt, diese Gedanken zu haben und die auch länger zu haben,
00:27:05: weil die Situation kann so sein, dass sie wirklich keinen Spaß macht.
00:27:09: Und dass man sich denkt, ohne Kinder hätte ich jetzt doppelt so viel Geld,
00:27:13: zehnmal so viel Zeit und zehn Prozent des Stresses.
00:27:17: Warum habe ich mich überhaupt für Kinder entschieden?
00:27:20: Und ich bin mir sicher, dass ändert sich in 99 Prozent der Fälle
00:27:24: dann mit der Zeit auch wieder.
00:27:26: Aber das heißt nicht, dass das Gefühl nicht valide ist
00:27:29: und nicht da sein darf.
00:27:30: Solche Gedanken hat man als Eltern.
00:27:33: Gedanken, über die man dann selbst erschrickt.
00:27:36: Ja.
00:27:37: Und auch der Impuls in der krassen Situation, seinen Kind zu schlagen.
00:27:40: Das ist auch ein Gedanke, über den hatten wahrscheinlich so gut
00:27:43: wie alle Eltern schon mal.
00:27:45: Und man erschrickt, dass es überhaupt so weit kommen kann.
00:27:48: Aber es passiert.
00:27:50: Mhm.
00:27:51: Ja, also es ist ja auch ein häufiger Auslöser Erziehungsberatung
00:27:54: aufzusuchen.
00:27:55: Also das ist dann auch ein älternd ...
00:27:58: Also Mutter oder Vater sagt, ich war eben kurz davor,
00:28:02: mein Kind zu schlagen und das möchte ich nicht.
00:28:04: Das ist jetzt für mich so das Alarmsignal zu schauen,
00:28:07: was muss sich ändern?
00:28:08: Also was muss geändert werden?
00:28:10: Ich glaub wirklich, das, was du gerade gesagt hast,
00:28:14: dass man darüber spricht über diese negativen Gefühle,
00:28:18: die da einfach auszeitenweise da sind.
00:28:20: Und du hast ja gesagt, das war ein Freund von dir.
00:28:22: Dazu braucht es auch Freunde und Freundinnen.
00:28:25: Das geht auch nicht nur im Familiensystem,
00:28:27: weil die zwei sind ja verstrickt in dem Ganzen mit.
00:28:31: Und die werden aus der Verstrickung auch nicht rauskommen.
00:28:33: Da braucht es dann wirklich den Freund, die Freundin
00:28:36: oder sonst wichtige vertraute Personen,
00:28:39: wo man das auch mal rauslassen kann
00:28:40: und wo dann auch nichts dabei passiert hinterher.
00:28:43: Mhm. Ja.
00:28:44: Wo man dann auch in der Beziehung nichts ausgesprochen hat,
00:28:47: was man nicht zurücknehmen kann. - Ja.
00:28:49: Ich glaub auch, dass in der Partnerschaft
00:28:51: auch so ein Wechsel aus Nähe und Distanz
00:28:53: auch was ganz Gesundes ist.
00:28:55: Dass man auch mal eben diesen Schritt zurückmacht,
00:28:58: Dinge mit sich selbst ausmacht, selbst reflektiert
00:29:01: oder eben sich mit anderen Personen austauscht,
00:29:04: um dann auch wieder den Schritt auf den Partner,
00:29:06: auf die Partnerin zugehen zu können.
00:29:08: Partnerschaft ist auch nicht das Alleinseeligmachende.
00:29:11: Da braucht es auch das Dorf dazu. - Ja, richtig.
00:29:14: (Lachen)
00:29:15: Genauso wenig wie Kinder, das Alleinseeligmachende sind.
00:29:18: Genau. - Ja.
00:29:19: Die Distanz, auch ein großes Thema, denke ich,
00:29:23: dass eben durch diesen ganzen Druck und den Stress
00:29:27: es schnell passieren kann,
00:29:28: dass man sich eben auch gedanklich vom Partner distanziert.
00:29:31: Dann ist man vielleicht mit seinem eigenen Verhalten unzufrieden,
00:29:35: man ist mit der Situation unzufrieden, man ist überlastet,
00:29:38: man ist vielleicht auch mit dem Verhalten des Partners unzufrieden.
00:29:41: Und dann entstehen Avassionen,
00:29:43: die sich schnell aufschaukeln können
00:29:45: oder die schnell mehr werden können.
00:29:47: Und dann ist plötzlich diese Nähe,
00:29:49: die man zum Partner gespürt hat, vorher plötzlich nicht mehr da.
00:29:53: Mhm. Also Nähe und Distanz oder Bindung, Autonomie
00:29:58: ist ja so die Grundpolarität in Paarbeziehungen.
00:30:01: Ist eigentlich auch das Grundthema eines jeden Menschen,
00:30:04: der in sozialen Beziehungen ist,
00:30:07: so wie viel Nähe brauche ich und wie viel Distanz.
00:30:10: Und da gibt es auch gar nicht so einen richtig unfallten.
00:30:13: Es gibt Paare, die sitzen beide auf diesem Bindungspol
00:30:16: und sind da glücklich miteinander, andere auf den Distanzpol.
00:30:21: Und es geht denen gut miteinander,
00:30:23: aber häufig kommen Paare auch in die Paarberatung,
00:30:26: weil es da so eine Dysbalance gibt,
00:30:29: weil die Pole nicht wechselseitig besetzt sind
00:30:31: oder dann eine Unzufriedenheit damit haben.
00:30:35: Und dieses in Distanz zu gehen, zu vermeiden,
00:30:38: sich zurückzuziehen, das kann so eine Bewältigungstrategie sein.
00:30:42: Häufig entsteht dann so das Muster,
00:30:45: dass ein Partner oder Partnerin sich mehr zurückzieht
00:30:47: und der andere nachgeht und reden will.
00:30:51: Und dann gibt es so ein Häufigkreis.
00:30:53: Und es wird immer starrer auch.
00:30:55: Und da zu gucken, wie kann man das Muster auch unterbrechen?
00:31:00: Wie kann da eine gute Balance für beide hergestellt werden?
00:31:04: Das ist so auch oft ein Thema in der Paarberatung.
00:31:08: Wie kann ich das dann machen,
00:31:09: wenn die Nähe, Distanz, Erwartungen oder Bedürfnisse
00:31:15: da auseinandergehen?
00:31:17: Also, erst mal anzuerkennen, dass es eine Unterschiedlichkeit da gibt.
00:31:20: Also, das Thema Unterschiedlichkeit ist so auch das Grundthema.
00:31:24: Bei Paarproblemen, als zu sehen,
00:31:26: wir haben da unterschiedliche Bedürfnisse.
00:31:29: Und zu schauen, wie kann beides auch ein Stück weit nebeneinanderstehen,
00:31:35: sich das auch kommunizieren miteinander,
00:31:38: ohne aufeinander loszugehen?
00:31:39: Also, wie so eine Gebrauchsanweisung von sich auch dem anderen zu geben,
00:31:43: da brauche ich eher meine Ruhe und da brauche ich eher dies.
00:31:47: Und zu schauen, wie finden wir da einen Umgang miteinander?
00:31:51: Wie der jetzt genau aussieht, das müsste man dann mit dem Paar sozusagen aushandeln.
00:31:57: Also, was wäre was, wo beide mitgehen können?
00:32:00: So, und ja, es kann aber auch bedeuten,
00:32:04: das ist bei jeglichen menschlichen Beziehungen so auch vielleicht,
00:32:08: ja auch bei Freundschaften zu sehen, okay,
00:32:11: das, was ich mir vom anderen wünsche, das bekomme ich vielleicht nicht.
00:32:14: Ich bekomme da nicht die Nähe, die ich mir wünsche so.
00:32:18: Oder die andere Person in der Paarbeziehung,
00:32:22: ich bekomme nicht so viel Freizeit oder Freiräume,
00:32:27: wie ich das gerne hätte.
00:32:29: Das heißt immer auf so ein bisschen Abschied nehmen,
00:32:32: grad was auch das Nähebedürfnis betrifft,
00:32:35: so von der Vorstellung oder die Idee, die ich vom anderen hatte
00:32:38: oder von unserer Beziehung.
00:32:40: Also, da ein Stück weit ist aber auch wichtig anzuerkennen,
00:32:44: dass wir zwei unterschiedliche Menschen sind.
00:32:46: Und das ist auch eine Grenze zwischen uns gibt,
00:32:49: dass wir nicht alles gleichmachen, denken, fühlen können.
00:32:53: Das ist nämlich so ein Anspruch, den auch Partner/Partnerin haben können,
00:32:57: so, dass der andere genauso denkt, fühlt wie man selbst.
00:33:02: Und das ist eine sehr romantische Vorstellung,
00:33:05: die in der Realität aber nicht häufig vorzufinden ist.
00:33:09: Und gerade auch dann durch die Kinder aufgedeckt wird?
00:33:14: Ja.
00:33:15: Und sich immer einig zu sein, ist ohne Kinder auch viel einfacher,
00:33:19: als wenn sich die Familien-Situation ändert.
00:33:22: Und man dann merkt, der andere tickt ja.
00:33:26: Ja, auch die gemeinsame Vorstellung von Familie.
00:33:29: Das kann auch schwierig werden, wenn ein Elternteil die Idee hat,
00:33:34: vom Wochenende, wie das mit der Familie gestaltet ist,
00:33:37: und der andere Elternteil aber eine andere Idee vom Wochenende hat.
00:33:40: Da kann es dann auch zu Konflikten kommen.
00:33:45: Wie sind wir Familien?
00:33:46: Wie sind aber auch noch eigene Hobbys zu verwirklichen?
00:33:50: Und auch da kommen dann wieder natürlich Erwartungen von außen.
00:33:54: Wie oft geht man zu Großmutter und Großvater?
00:33:57: Oder wie kümmert man sich um diese Beziehungen,
00:33:59: die es ja auch noch außerhalb gibt
00:34:01: und die teilweise ja auch sehr konflikthaft auf eine Partnerschaft einwirken können?
00:34:06: Weil es da sehr unterschiedliche Sichtweisen und Erlebnisse gibt.
00:34:09: Verständlicherweise.
00:34:10: Auf jeden Fall.
00:34:12: Und da wirkt dann das Dorf manchmal sehr konfliktreich rein.
00:34:15: Mhm. - Mhm.
00:34:17: Um bei dem Bild zu bleiben.
00:34:18: Das hat dann ja auch mit einer guten Streitkultur
00:34:21: oder Diskussionskultur zu tun,
00:34:23: wie man dann mit solchen Unterschieden umgeht.
00:34:25: Das wird ja auch dann immer wichtiger,
00:34:27: wenn die Konflikte kommen und die eben unausweichlich kommen.
00:34:32: Wie gehe ich dann damit um?
00:34:33: Und da ist ja auch das nähe Distanzding,
00:34:36: der eine Mensch möchte Konflikte gleich austragen, klären, ansprechen.
00:34:41: Der andere braucht dann vielleicht erst mal Zeit für sich,
00:34:44: um sich selbst zu sortieren und zieht sich erst mal zurück.
00:34:48: Also, zum einen können Konflikte an sich nicht klärt
00:34:52: oder besprochen werden, wenn mindestens einer der beiden
00:34:55: in einem Stress- oder hochemotionalen Zustand ist.
00:34:59: So, da sagen Paare dann auch oft, wenn ich frage,
00:35:01: nee, da finden wir keine Lösung.
00:35:04: Deshalb so wichtig, nur miteinander wirklich was besprechen oder klären,
00:35:09: wenn beide einigermaßen entspannt in Anführungsstriche oder reguliert sind.
00:35:14: Und dann aber zu gucken, also, du meinst ja,
00:35:17: wie kommen die beiden dann zusammen?
00:35:19: Also, damit einander zu überlegen,
00:35:21: was wäre da eine gute Zwischenlösung?
00:35:23: Also quasi ein Kompromiss.
00:35:25: Bei dem Kompromiss bekomme ich ja nie ganz das, was ich möchte.
00:35:28: Aber beide haben dann so ein bisschen das Gefühl,
00:35:30: okay, es ist ein bisschen was von meinem dabei,
00:35:32: wir kommen uns entgegen,
00:35:34: weil anders kann es ja auch nicht gehen,
00:35:37: als dass es ein Entgegenkommen gibt der beiden.
00:35:40: Das hast du jetzt auch, Paar war schon gesagt,
00:35:42: dass man dann wirklich in die Verhandlung auch gehen muss.
00:35:44: Ja, das klingt so.
00:35:45: Also, nee, aber man spricht die Themen an,
00:35:49: man spricht seine Bedürfnisse aus und legt alles auf den Tisch
00:35:52: und schaut dann, wie kommen wir da zusammen?
00:35:55: Also, es ist ja tatsächlich dann eine Art Verhandlung.
00:35:57: Genau, also, ich bin ja bei den Verhandlungen
00:36:00: in der Paar-Beratung dann dabei,
00:36:02: weil es halt, also, es ist so, wenn die Konflikte zu groß sind
00:36:06: oder ja, das miteinander klären, nicht funktioniert,
00:36:10: dann kann die Paar-Beratung eine gute Plattform sein,
00:36:13: weil ich dann als Vermittlerin,
00:36:15: also die Kommunikation läuft über mich,
00:36:18: ich bin da die dritte Person,
00:36:19: die zwischen den beiden übersetzt, brückenbaut, nachfrägt,
00:36:24: um das Ganze ein bisschen zu entzerren und Paare sagen dann oft,
00:36:27: okay, so hätten wir zu Hause nicht miteinander sprechen können.
00:36:31: Wenn es Paare zu Hause probieren, ins Gespräch zu kommen,
00:36:36: da gibt es so bestimmte Empfehlungen,
00:36:40: so aus der Kommunikationstherapie heißt es,
00:36:43: wie man halt gute Gespräche miteinander führt,
00:36:46: dass ich da von mir spreche, dass ich nicht in die Du-Botschaffen gehe,
00:36:51: dass das Paar über die konkrete Situation,
00:36:53: über das konkrete Thema spricht,
00:36:55: dass jeder über sich und seine Bedürfnisse spricht
00:36:59: und die Vorwürfe, das ist vielleicht auch dem ein oder anderen bekannt,
00:37:03: die Vorwürfe in Wünsche verhandelt.
00:37:05: Also, was brauche ich, was wünsche ich mir vom anderen
00:37:07: und dass es vielleicht dann auch erst mal so stehen bleibt
00:37:10: und jeder noch mal nachdenkt.
00:37:12: Also wirklich, dass diese Situationen ein Stück weit verlangsamt werden
00:37:15: und dann auch jeder die Möglichkeit hat,
00:37:17: mal selbst zu reflektieren und zu überlegen,
00:37:20: was kann ich dem anderen auch anbieten.
00:37:23: Für manche kann es vielleicht auch gut sein,
00:37:26: eher beim Spazierengehen darüber zu sprechen
00:37:29: oder gut ist wahrscheinlich auch nicht zu spät am Tag so,
00:37:32: weil oft höre ich das Konflikte dann vor allem abends bis in die Nacht hineinwirken.
00:37:38: Das ist ja auch nicht zielführend, also eher zu gucken,
00:37:41: wann haben wir da auch Zeit, wann sind vielleicht auch die Kinder nicht da,
00:37:45: dann sind wir wieder bei dem anderen Thema.
00:37:48: Das sind ja alles Dinge, die durch die Kinder dann ja noch mal zusätzlich erschwert werden.
00:37:54: Ja, das stimmt.
00:37:55: Wann bin ich dann mal ruhig und entspannt
00:37:57: und hab Energie für so ein Gespräch?
00:38:00: Ja.
00:38:01: Das ist so die Frage, genau wie viel Energie hat das Elternpaar
00:38:06: in der Phase auch da hineinzuinvestieren.
00:38:09: Und es gibt schon viele Paare, die auch sagen,
00:38:12: nur hier in der Paarberatung hatten wir jetzt den Ort,
00:38:15: den wir wirklich extrem aufwendig schaffen mussten,
00:38:19: dass das überhaupt funktioniert, jetzt da zu sein
00:38:21: und mal darüber zu sprechen und sich anders mal zuzuhören,
00:38:25: weil es einfach viel verlangsamter abläuft.
00:38:29: Als jetzt zu Hause und ruhiger.
00:38:31: Genau.
00:38:33: Es ist ja, es ist tatsächlich ein großes Zeitproblem auch,
00:38:38: oder Organisationsproblem.
00:38:40: Ja.
00:38:41: Zum Thema Kommunikation find ich es ganz wichtig,
00:38:44: dass man Dinge eben ausspricht.
00:38:46: Dass man nicht davon ausgeht, der Partner, die Partnerin,
00:38:50: weiß das schon.
00:38:52: Da gibt es interessante Untersuchungen, wo Paare quasi getrennt,
00:38:55: über den jeweils anderen befragt wurden.
00:38:58: Präferenzen, die Meinung des anderen Partners.
00:39:01: Und die konnten da durchaus ein bisschen besser
00:39:05: als Zufallsverteilung quasi antworten.
00:39:07: Also die haben ihren Partner dann schon gekannt.
00:39:10: Aber die eigene Einschätzung, wie gut man den Partner kennt,
00:39:14: war massiv höher, als es der Realität entsprochen hat.
00:39:18: Also wir neigen dazu, unser Wissen über die andere Person zu überschätzen.
00:39:22: Und dann davon auszugehen, dass man schon weiß,
00:39:26: wie sich der andere fühlt und eben auch davon auszugehen,
00:39:29: der andere weiß schon, wie ich mich fühle.
00:39:31: Und was ich denke und wie meine Meinung und mein Standpunkt ist.
00:39:35: Und dass es eben ganz, ganz oft eben nicht so.
00:39:37: Dann entstehen eben diese Missverständnisse und auch Frust.
00:39:42: Warum verhältst du dich so?
00:39:44: Du weißt doch, dass die andere Person weiß es aber eben nicht,
00:39:47: weil man es nie ausgesprochen hat.
00:39:49: Ja, also das ist auch ganz wichtig, was du da ansprichst.
00:39:53: Die Erwartung so der andere,
00:39:55: es soll doch merken, wenn es mir nicht gut geht und mich dann trösten.
00:40:00: Also es ist ja eigentlich ein Zeichen von Erwachsensein,
00:40:05: auch für sich zu sorgen, für sich einzustehen,
00:40:07: dem anderen zu kommunizieren.
00:40:09: Was ich brauche, also wie ich gesagt habe,
00:40:12: so eine Art Gebrauchsanweisung von sich auch dem anderen zu geben.
00:40:16: Und es ist auch wieder so eine romantische Vorstellung,
00:40:18: der andere soll wissen oder die andere soll wissen
00:40:21: und fühlen, wie es mir geht.
00:40:23: Das ist aber nicht realistisch
00:40:25: und kann eben genau zu solchen Missverständnissen
00:40:27: und dann auch zu Enttäuschungen führen.
00:40:30: Das spiegelt sich für mich immer wieder
00:40:32: aus so viel zu hoher Erwartung an den oder die andere
00:40:37: und nicht an mich.
00:40:39: Erwachsen ist, dass ich für mich sage
00:40:42: und nicht, dass du für mich sagst.
00:40:44: Und dass wir für unser System sagen, das ist auch Erwachsen, denke ich.
00:40:49: Und ich glaube wirklich, dass es ganz wichtig ist,
00:40:52: immer so in die Eigenverantwortung zu gehen
00:40:55: und mit sich selber im Gespräch zu bleiben.
00:40:57: Also nicht nur zu projizieren und der oder die andere muss wissen.
00:41:02: Das ist mir schon bedeutsam, weil ich einfach auch nicht kann glauben,
00:41:07: dass in diesen schwierigen familiären Situationen
00:41:11: die Kommunikation so funktionieren kann,
00:41:13: wie wir es uns hier vorstellen.
00:41:16: Wie meinst du das?
00:41:17: Dass man eben sagt, was man gerade fühlt
00:41:20: und was man gerne hätte und was man braucht oder so.
00:41:23: Ich glaube es nicht wirklich.
00:41:26: Dass das dann gelingt. Gut.
00:41:28: Weil der Platz dafür nicht da ist oder die Kapazität?
00:41:32: Sowohl als auch.
00:41:33: Und weil die Emotion wahrscheinlich zu stark ist,
00:41:36: als dass man das dann kann.
00:41:38: Das ... Ja.
00:41:40: Ja, das braucht sehr viel.
00:41:41: Diese Selbstverantwortung, ich finde auch selbst für Sorge,
00:41:44: also viel auch auf sich noch mal zu achten.
00:41:48: Das ist ja auch so ein Modewort, diese Selbstfürsorge.
00:41:51: Ich achte auf mich.
00:41:52: Ich nehme mich in die Verantwortung, um das geht es mir.
00:41:57: Ich will nicht immer bloß auf mich achten.
00:41:59: Und wer tut mir jetzt gerade gut,
00:42:01: sondern wirklich immer, sich sind auch systemisch ausgerichtet,
00:42:04: es geht ums System.
00:42:06: Und da bin ich ein Teil davon.
00:42:08: Und bin ein Teil davon, der das auch beeinflusst und bildet.
00:42:12: Und bin verantwortlich für den Teil, den ich bringe.
00:42:15: Und ich glaube, das ist manchmal auch in Vergessenheit geraten,
00:42:19: dass ich da auch große Verantwortung hab.
00:42:21: Und du auch, und du auch.
00:42:23: Also auch das Kind, wenn man so will.
00:42:26: Und dass man diese Art von Verantwortung auch wieder ernst nimmt.
00:42:32: Mhm. - Mhm.
00:42:33: Das ist vielleicht ein bisschen hart oder so, aber ...
00:42:36: Also ja, ich denke, es braucht beides so die Verantwortung.
00:42:39: Aber auch, also ich mach ja schon immer Werbung für die Selbstfürsorge.
00:42:45: Denn das ist was, was viele Menschen gar nicht können.
00:42:48: Aber es ist natürlich nicht so verwechseln mit,
00:42:50: ich mach mir jetzt einen Schaumbad und leg mir eine Gesichtsmaske auf.
00:42:54: Oder mit, also was da so alles marketingmäßig
00:42:57: als Selbstfürsorge so verkauft wird.
00:42:59: Sondern dieses überhaupt die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen.
00:43:03: Das können viele gar nicht oder haben es gar nicht so präsent.
00:43:08: Weil sie immer nur in diesem Tun-Modus sind.
00:43:10: Und mal anzuhalten und zu überlegen.
00:43:13: Aber gleichzeitig soll das keine Entschuldigung dann sein,
00:43:16: nicht in Verantwortung zu gehen.
00:43:18: Das wäre falsch.
00:43:19: Und sich dann, sag ich mal, nur sich selbst zu widmen.
00:43:22: Und es kann ja so weit führen, dass es dann in Egoismus enden würde.
00:43:25: Das wäre natürlich nicht das Ziel.
00:43:27: Aber das muss ich ja gar nicht widersprechen.
00:43:30: Ich übernehme ja auch Verantwortung für mich selbst.
00:43:33: Ich nehme mich ernst und übernehme die Verantwortung,
00:43:36: für mich zu sorgen.
00:43:37: Und schieb das nicht ab oder ignorier es.
00:43:40: Oder ertränk's in Alkohol.
00:43:42: Oder gib meinen Partner meiner Partnerin die Schuld.
00:43:44: Sondern schau eben, dass ich über mich Bescheid weiß.
00:43:48: Meine Bedürfnisse, mein Zustand.
00:43:50: Und mich dann entsprechend so verhalte,
00:43:53: dass es mir langfristig gut geht.
00:43:56: Ja, und es passiert tatsächlich,
00:43:59: was du jetzt gerade ansprichst,
00:44:01: mit den schädigenden Verhaltensweisen.
00:44:03: Dass es eben nicht in die Selbstfürsorge Richtung geht,
00:44:07: sondern so zur Stress- und Emotionsregulation.
00:44:11: Dann sollte anderen nicht gesundheitsförderlichen,
00:44:15: sondern schädigenden Verhaltensweisen
00:44:18: bis hin zu selbsterstörerischen Verhaltensweisen
00:44:21: eher zurückgegriffen wird.
00:44:23: Und es gar nicht so einfach ist,
00:44:25: in echte Selbstfürsorge zu kommen.
00:44:28: Weil es nicht unbedingt mit der Erziehung oder in der Schule,
00:44:32: oder wo das hat,
00:44:34: haben wir nirgends gelernt, wie das funktioniert.
00:44:37: Mhm. - Mhm.
00:44:38: Ja, und auch heute, wenn über Selbstfürsorge gesprochen wird,
00:44:42: dann ist es das Schaumbad. - Ja.
00:44:44: Genau. - Und dass es eigentlich gar nicht worum es geht.
00:44:47: Ja.
00:44:48: Man schnürt sich ein ganz schönes Paket
00:44:52: da zusammen, wenn man gemeinsam Kinder in die Welt setzt.
00:44:56: Ja, aber auch ein schönes Paket.
00:45:00: Also ... - Auch das?
00:45:01: Ja.
00:45:02: Genau.
00:45:04: Man könnte einen anderen Eindruck bekommen,
00:45:07: nachdem wir so lange Probleme gewälzt haben.
00:45:09: Aber ...
00:45:11: Natürlich, es ist eine ...
00:45:12: Es kann eine ganz wunderbare Erfahrung sein,
00:45:15: oder es ist oft eine ganz wunderbare Sache.
00:45:18: Mhm.
00:45:19: Aber eben auch ...
00:45:20: Wahrscheinlich das Intensivste, was man so anstellt in seinem Leben.
00:45:25: Mhm.
00:45:29: Vielen Dank für dieses offene Gespräch.
00:45:32: Danke schön für die Einladung.
00:45:35: (Lachen)
00:45:36: Das war anstrengend.
00:45:37: Aber es hat auch großen Spaß gemacht.
00:45:40: Und ja, danke schön.
00:45:42: Gerne. - Danke schön.
00:45:44: Das war die vierte Folge "Hört euch stark".
00:45:47: Heute ging es ans Eingemachte.
00:45:49: Ich hoffe, es waren ein paar gute Impulse dabei.
00:45:52: Und ich freue mich, wenn es nächstes Mal wieder einschaltet.
00:45:55: Tschüss.
00:45:57: (Lässige Musik)
00:45:58: "Hört euch stark" wird produziert von der Caritas Bodensee Oberschwaben
00:46:06: und unterstützt von der deutschen Fernsehlotterie.
00:46:09: (Lässige Musik)
00:46:10: Weitere Infos und alle Folgen gibt es unter machteustark.com
00:46:19: und überall, wo es Podcasts gibt.
00:46:21: (Lässige Musik)
00:46:25: (Lässige Musik)
00:46:30: (Lässige Musik)
00:46:37: [Esteuermusik]
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