Ein-Kind-Familien

Shownotes

Wir sprechen über Einzelkinder, und die vielen Klischees, denen sich die Eltern von "nur" einem Kind ausgesetzt sehen. Zu Gast sind Anna Hofer, Autorin des neu erschienenen Ratgebers "Mein fabelhaftes Einzelkind" und Rebecca, Mama einer Tochter.

Anna Hofer auf Instagram Mein fabelhaftes Einzelkind bei Penguin Books Mein fabelhaftes Einzelkind bei Amazon

Die Familienberatung der Caritas Bodensee-Oberschwaben findet ihr hier.

HörtEUCHStark wird unterstützt von der Deutschen Fernsehlotterie.

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00:00:00: Willkommen bei Hörd euch stark, den Eltern-Podcast, die Caritas Bodensee Oberschwam.

00:00:08: Ja, hallo und willkommen bei Hörd euch stark.

00:00:21: Wir haben heute eine kleine Premiere der technischen Art, nämlich zeichnen wir zum ersten Mal

00:00:26: nicht hier alles bei mir im Studio auf, sondern sind über dieses Internet verbunden und zwar

00:00:33: mit meinen Gästen der Anarhofer und der Rebecca Kutsch.

00:00:38: Also erst mal hallo.

00:00:40: Hallo.

00:00:41: Schön, dass ihr da seid.

00:00:42: Vielen Dank für die Einladung.

00:00:44: Ja, ich stelle euch vielleicht, oder nein, ich stelle euch nicht vor, ihr stellt euch

00:00:47: selbst vor.

00:00:48: Wie wäre denn das?

00:00:49: Sag doch mal kurz was zu euch und warum ihr heute hier seid.

00:00:53: Sehr gerne.

00:00:54: Also mein Name ist Anarhofer.

00:00:55: Ich arbeite als Familienberaterin in Köln und bin Autorin des Buches "Mein fabelhaftes

00:01:03: Einzelkind", das jetzt gerade beim Küsseverlag erschienen ist.

00:01:07: Und du, Rebecca?

00:01:08: Ja, ich bin Rebecca Kutsch, bin 35, auch aus Köln, wohne hier mit meiner Familie.

00:01:15: Also das sind mein Mann und meine Tochter und habe auch einiges zum Thema Einzelkindfamilien

00:01:21: zu sagen.

00:01:22: Deswegen bin ich heute hier und freue mich.

00:01:25: Super.

00:01:26: Ja, genau, das ist nämlich unser Thema, die Einzelkinder.

00:01:28: Ich muss ja gestehen, als wir in der Redaktionssitzung uns überlegt haben, was könnten so die

00:01:34: Folgen sein für die nächste Staffel und so, kam dann irgendwann das Thema Einzelkinder.

00:01:39: Und mein erster Gedanke war, was gibt es dazu zu sagen, der zweite Gedanke war dann allerdings

00:01:45: auch direkt ein anderer, weil dann doch Sachen hoch kamen mit Vorurteilen oder bestimmten

00:01:51: Bewertungen, was Einzelkinder angeht.

00:01:54: Und da habe ich mir gedacht, okay, vielleicht ist es doch ganz interessant, da mal darüber

00:01:57: zu sprechen.

00:01:58: Ich habe dann gesehen, dass du ein ganzes Buch darüber geschrieben hast und da habe

00:02:01: ich ja auch reingeschaut in der Vorbereitung und jetzt weiß ich erst recht, dass es da

00:02:06: eine Menge gibt, über das man sprechen kann.

00:02:09: Ja, genau, du bist sozusagen mit deinen Gedanken, die du im ersten Gang zu Einzelkinder hattest

00:02:14: mit ein Grund, weswegen es mir so ein Bedürfnis war, dieses Buch zu schreiben, um sozusagen

00:02:19: mit den Klischees rund um Einzelkinder wirklich nochmal aufzuräumen.

00:02:22: Also es gab in der Vergangenheit schon in den frühen 2000ern und auch in den 80er und

00:02:27: 90er Jahren gab es immer wieder Publikationen, auch Ratgeber zum Thema Einzelkinder, jetzt

00:02:33: nicht in der Masse, wie zum Beispiel zum Thema Geschwister geschrieben wird, das sicherlich

00:02:37: nicht.

00:02:38: Aber es gab bis jetzt zu meinem Buch keinen aktuellen Ratgeber zu diesem Thema.

00:02:43: Und das fand ich immer sehr, sehr schade, denn ich habe mich tatsächlich über viele

00:02:47: Jahre dann als Mutter eines Kindes in der Ratgeberlandschaft nicht wirklich gesehen gefühlt.

00:02:53: So nach dem Motto "Wir schreiben nichts dazu", also gibt es dazu auch nichts zu sagen und

00:02:57: meine Community sozusagen und alles, was ich so auch an Gesprächen mit Eltern mitgenommen

00:03:04: habe, auch im Vorfeld, in der Recherche für mein Buch, haben mich dann sozusagen auch

00:03:09: eines besseren Beläts beziehungsweise mich darin bestärkt, dass es eine richtig gute

00:03:13: Idee war und wirklich auch an der Zeit war, mal einen Ratgeber für Familien mit einem

00:03:18: Kind zu schreiben.

00:03:19: Einen, der auch wirklich sozusagen das Thema Einzelkind von allen Seiten beleuchtet.

00:03:24: Das heißt, mir war es wichtig, ein Kind Familien zu feiern als Familienform und gleichzeitig

00:03:32: auch nicht den Blick dafür zu verlieren, dass eben nicht alle Eltern mit einem Kind dieses

00:03:38: Familienmodell für sich tatsächlich so gewählt haben.

00:03:40: Das heißt, ich gehe ja auch darauf ein, warum Eltern bei einem Kind sozusagen bleiben und

00:03:47: versuche ihnen sozusagen dann dabei zu helfen, sie darin zu unterstützen, zu bestärken, dass

00:03:53: ihr Kind ohne Geschwister nicht defizitär aufwächst.

00:03:57: Eben, wie du so schön gesagt hast, Florian, die Klischees sind sehr präsent im Kopf und

00:04:02: mein Wunsch war es sozusagen da mit Blick auf die aktuellen Studien und Studien, die schon

00:04:07: erfolgt sind, auch im Kontext von Geschwistern, da sozusagen das Ganze ein bisschen zurecht

00:04:12: zurück und den Blick zu weiten, weg von dem defizitären Blick auf Einzelkinder hinzu.

00:04:17: Das ist eine Familienform, wie es viele Familienformen heutzutage in unserer Gesellschaft gibt

00:04:23: und die haben einfach ihren Platz verdient an dieser großen Tafel.

00:04:27: Sie müssen sich nicht beschämt in die Ecke stellen und das gesagt wird, ihr gehört hier

00:04:32: sozusagen nicht hin.

00:04:33: Mit den Studien erwähnt du gleich meine erste Frage.

00:04:36: Du sagst, du willst mit Klischees aufräumen.

00:04:38: Die Klischees, die kennt man ja wahrscheinlich, das Einzelkind ist verwöhnt.

00:04:43: Es hat soziales Verhalten nicht gelernt und ist deswegen egoistisch und sozial unterentwickelt.

00:04:51: Jetzt hast du Studien erwähnt.

00:04:52: Woher kommen diese Vorurteile?

00:04:54: Ist denn da was dran?

00:04:56: Genau.

00:04:57: Also nein, an diesen Vorurteilen ist nichts dran, aber es ist halt immer so, wenn man Menschen

00:05:02: oder Situationen oder in eine Schublade steckt, dann ist es unglaublich schwierig, da rauszukrabbeln.

00:05:08: Die Studienlage zu Einzelkindern ist eigentlich schon seit den 80er Jahren bekannt und da hat

00:05:14: sich sozusagen auch hinsichtlich der Kompetenzen von Einzelkindern.

00:05:18: Das Resümee war, Einzelkinder wachsen nicht anders auf als Kinder mit Geschwistern und

00:05:24: haben auch keine Nachteile hinsichtlich ihrer sozialen Kompetenz.

00:05:29: Wie gesagt, das ist alles sozusagen widerlegt.

00:05:31: Ich glaube, ein Grund, weswegen auch heute immer noch so defizitär auf Einzelkinder

00:05:37: geschaut wird, ist sozusagen China als Negativbeispiel, wie sich Kinder als Einzelkinder entwickeln

00:05:49: können.

00:05:50: China mit seinem großen Einzelkind-Experiment, das ja aber auch aus ganz anderen Gründen

00:05:58: gestartet wurde, sondern nämlich es ging ja darum, wirklich die Population massiv

00:06:02: einzuschränken, weil Prognosen gezeigt haben, wenn wir uns hier in China einfach lustig

00:06:08: weiter vermehren, dann kriegen wir hier große, große Probleme, diese ganzen Menschen mit

00:06:13: Nahrung zu versorgen.

00:06:14: Und das ist natürlich für Forschende sehr interessant.

00:06:17: Dazu schreibe ich auch in meinem Buch, aber selbst Forschende sagen, dass wenn sie sich

00:06:22: Einzelkinder in China anschauen und deren Entwicklung das nicht übertragbar ist, generell auf

00:06:28: Einzelkinder und Einzelkind leben sozusagen in Europa, weil einfach dieser ganze Kontinent

00:06:35: nochmal so ganz anders funktioniert mit seinen Werten, mit seinen Vorstellungen von Familie,

00:06:41: Verpflichtungen etc.

00:06:42: Und wenn zum Beispiel, das ist ja auch noch so ein Phänomen, wir holen uns unsere Informationen

00:06:49: mitunter, indem wir einzig und allein die Schlagzeile lesen und nicht den restlichen

00:06:53: Artikeln.

00:06:54: Das ist der Schade, denn wenn man zum Beispiel dann eine Headline liest, in der steht Einzelkinder

00:07:00: sind nicht risikobereit.

00:07:02: So, dann würde sich vielleicht mal lohnen, den gesamten Artikel zu lesen und dann zu

00:07:08: verstehen, okay gut, das sind Einzelkinder in China, ja, es sind Einzelkinder einer bestimmten

00:07:13: Generation und man hat sozusagen anhand von Spielen versucht, ihre Risikobereitschaft

00:07:19: zu ermitteln, also sich sozusagen auch mal anzuschauen, was waren sozusagen die Beweggründe der Forscher

00:07:25: hinter dieser Studie und dann lehne ich mich immer sehr entspannt zurück und sage immer,

00:07:30: das hat mit meiner Lebensrealität oder mit der Lebensrealität unsere Einzelkinder überhaupt

00:07:35: nichts gemein, aber es verleitet Menschen natürlich tatsächlich sich in ihren Schubladendenken,

00:07:40: in ihrem Klischedenken über Einzelkinder bestätigt zu fühlen.

00:07:44: Das sind so die zwei Seiten einer Medaille.

00:07:46: Die Forschung zu Einzelkindern könnte tatsächlich auch noch etwas ausgeprägter sein, das

00:07:51: Gleiche sagt man aber auch tatsächlich über die Forschung zu geschwistern, auch da wird

00:07:56: ja erst rund seit 30 Jahren intensiv sozusagen geforscht und da könnte man sagen, da könnte

00:08:03: jetzt gerne noch nachgelegt werden, aber der große Einfluss auf das negative Bild auf

00:08:09: Einzelkinder ist tatsächlich in den Einzelkindern in China begründet, wo es einfach viel mehr

00:08:15: Daten zu gibt.

00:08:16: Okay, ja das ist beides nachvollziehbar, zum einen das da mehr geforscht wurde und zum

00:08:21: anderen natürlich auch, dass sich das nicht übertragen lässt, wenn eine ganze Gesellschaft

00:08:26: zum Einzelkind gezwungen wird und dass dann natürlich ganz andere Auswirkungen hat.

00:08:32: Das leuchtet ein.

00:08:33: Rebecca, du bist auch die Mama von einem Einzelkind, wirst du mit solchen Vorurteilen konfrontiert?

00:08:39: Also ich muss dazu sagen, ich habe ursprünglich eigentlich nie geplant, Mutter eines Einzelkindes

00:08:46: zu sein, also ursprünglich war auch mein Gedanke immer zu einer Familie, da gehören Kinder,

00:08:52: also in der Mehrzahl und habe dann im Endeffekt mit der Erfahrung Mutter zu werden, festgestellt,

00:09:01: dass ja es auch Nachteile mit sich bringen kann, ein weiteres Kind zu bekommen, sowohl

00:09:07: für die Beziehungsebene, also sowohl für die Eltern als Paar, als auch für das Kind,

00:09:14: was schon da ist.

00:09:15: Und bin dann quasi erst mit dem Heranwachsen meines Kindes auf die Idee gekommen, Familie

00:09:24: geht auch ohne weiteres Kind, ich muss ja gar nicht noch ein Kind bekommen.

00:09:28: Und das war für mich sowas völlig unhinterfragtes, also es war immer klar, es kommt ein zweites

00:09:34: Kind und irgendwann war mein Kind so zwei, drei Jahre alt und ich habe immer auf den

00:09:39: Moment gewartet, wo ich den sehnlichsten Wunsch habe, dass jetzt das Zweite kommt und er kam

00:09:44: einfach nicht.

00:09:45: Und dann habe ich, das war tatsächlich ein Prozess, also habe dann auch mit meinem Mann

00:09:50: drüber gesprochen und habe dann irgendwann mich von dieser Idee verabschiedet und habe

00:09:55: dann für mich auch das erste Mal so laut ausgesprochen, ich möchte gar nicht noch ein Kind.

00:10:00: Ich bin zufrieden, wie es ist.

00:10:02: Meine Familie ist vollkommen, wir genießen die Zeit zur Dritt und das hat sich tatsächlich

00:10:08: wie so ein Befreiungsschlag angefühlt, nur dann kam natürlich auch so die ersten Kommentare

00:10:14: aus dem Umfeld und aus meinem persönlichen engsten Umfeld, da waren die meisten eigentlich

00:10:20: sehr verständnisvoll, weil sie auch meine Familiengeschichte kennen, wir hatten es auch gerade

00:10:26: nach der Geburt hatten, wenn es sehr schwere Zeit, weil mein Kind nicht gesund zur Welt

00:10:30: gekommen ist und wir auch sehr lange im Krankenhaus waren und auch um das Leben des Kindes fürchten

00:10:37: mussten und das Risiko bei einer Vollgeschwangerschaft auch bestehen würde, dass sich das potentiell

00:10:44: wiederholt.

00:10:45: Insofern waren da viele auch sehr verständnisvoll und haben auch gesagt, ja, das ist völlig

00:10:51: legitim.

00:10:52: Aber so im erweiterten Bekanntenkreis oder auch so im Umfeld, so der Kita, wenn man damit

00:10:58: anderen Eltern spricht, dann kommen natürlich auch immer wieder mal Sprüche, wann kommt

00:11:03: denn das Geschwisterchen, Kinder brauchen ein Geschwisterchen, besser kein Kind als

00:11:09: ein Kind, das war auch so was, was ich schon zu Hörnberg kam habe.

00:11:12: Wow.

00:11:13: Oder von grausamer Einzelhaltung, war das schon mal die Rede.

00:11:19: Das ist ein Himmelsbild.

00:11:20: Und ja, da sich den Kindern diese Erfahrung, also dem Kind die Erfahrung nehmen würde,

00:11:26: Geschwisterliebe zu erfahren.

00:11:27: Und das sind natürlich Sprüche, die was in einem auslösen als Mutter.

00:11:34: Ich bin selber Wissenschaftlerin, also ich bin Naturwissenschaftlerin.

00:11:38: Ich habe also mit Familien und Kindernbeziehungen eigentlich mich nie beschäftigt, intensiv,

00:11:44: aber trotzdem schlummert in mir ja so auch der wissenschaftliche Geist und habe dann

00:11:49: auch angefangen und überlegt, ist da denn was dran und mich dann auch mit Studien auseinander

00:11:55: gesetzt und habe dann auch das Buch gefunden.

00:11:59: Bei der Anna war dann auch sehr froh, dass es da jetzt etwas auf dem Markt gibt, was man

00:12:04: an der Hand hat.

00:12:05: Und habe dann aber am Ende auch gesagt, im Grunde genommen ist es dann auch irgendwie

00:12:10: egal, was die Studien sagen, weil wir als Familie sind glücklich.

00:12:15: Und ich habe nicht das Gefühl, dass meinem Kind etwas fehlt und wir sind zufrieden, wir

00:12:21: verbringen gerne Zeit miteinander.

00:12:23: Mein Kind hat sehr viele Freunde, hat enge Beziehungen, es hat Familie und am Ende kann

00:12:31: mir auch keine Studie sagen, was richtig für mich ist und was richtig für meine Familie

00:12:35: ist.

00:12:36: Und mein Kind hatte einen schweren Staat ins Leben und braucht auch immer noch etwas

00:12:45: intensivere Betreuung.

00:12:46: Und da fragt man sich natürlich auch, kann ich das als Mutter überhaupt auch noch gewährleisten,

00:12:52: meinem Kind all das zu bieten, was es für eine gute Entwicklung braucht, wenn da jetzt

00:12:58: noch ein Menschenleben ist, um das ich mich kümmern muss.

00:13:01: Und mir war immer klar, wenn ich ein Kind bekomme, dann soll dieses Kind gewollt und

00:13:06: gewünscht sein und zwar bedingungslos.

00:13:10: Also es soll nicht die Bedingungen erfüllen, ein Geschwisterkind darzustellen oder dem Geschwisterkind

00:13:17: etwas zu bieten.

00:13:18: Sondern es soll so wie es ist, bedingungslos, gewollt und gewünscht sein.

00:13:23: Und ich und mein Mann und wir als Familie müssen die Kapazitäten für dieses Kind haben.

00:13:29: Und dieser Wunsch, der kam einfach dann nicht mehr.

00:13:32: Und deswegen war das für mich eine richtige und auch ein stückweit eine befreiende Entscheidung

00:13:38: und auch ein gewisser Prozess dahinter zu sagen, wir sind jetzt angekommen und das ist

00:13:44: alles fein so wie es ist, egal was die Werten der Gesellschaft sind, egal was die Erwartungshaltungen

00:13:49: sind von anderen.

00:13:50: Und so wie es jetzt ist, genießen wir die Zeit und sind froh.

00:13:55: Und die Kommentare, die bekommt man dann aber, das ist dann irgendwann, kralter es dann auch

00:14:02: an einem ab.

00:14:03: Weil ich sage, wir sind zufrieden und man bekommt als Mutter generell sehr viel, sehr viel

00:14:08: Kommentare, egal welche Entscheidung man trifft.

00:14:11: Ich denke, dass unser Umfeld auch sieht, dass wir glücklich sind und insofern sind wir da

00:14:18: sehr fein mit so wie es jetzt ist.

00:14:20: Schön, das freut mich.

00:14:22: Ich bin ein bisschen erschrocken gerade bei deiner Erzählung, muss ich ehrlich sagen,

00:14:25: weil du hast völlig recht, man bekommt als Eltern und speziell als Mutter jede Menge

00:14:31: uneingefordertes Feedback so von allen möglichen Menschen und da die Grenzüberschreitungen

00:14:37: sind da eigentlich alltag.

00:14:39: Aber dass das auch so ein intensiver Prozess war, kann ich jetzt total nachvollziehen, aber

00:14:45: hat mich jetzt trotzdem erstmal so überrascht.

00:14:47: Also wir haben zwei Kinder, drum hat sich dieser Gedanke nie ergeben und ich überlege jetzt

00:14:52: gerade, ob das ein ähnlich intensiver Prozess gewesen wäre und wahrscheinlich schon, wenn

00:14:57: wir uns auch die Frage gestellt hätten und uns dann für ein Einzelkind entschieden hätten.

00:15:02: Und ich finde es doch recht heftig, was dann auch da für Reaktionen und Sprüche kommen.

00:15:07: Aber umso besser, dass ihr für euch das so entscheiden könnt.

00:15:12: Was mir aufgefallen ist in unserem Umfeld, dass im Normalfall nur ich diese Kommentare

00:15:19: bekomme.

00:15:20: Also mein Mann da wesentlich weniger mit konfrontiert wird und ich habe dann manchmal auch so das

00:15:26: Gefühl, dass man da auch eher so als Mutter so im Fokus steht.

00:15:30: Aber es hat jetzt mit der Zeit auch nachgelassen.

00:15:33: Also unser Kind ist jetzt fünf und irgendwann hören dann die Fragen auch auf.

00:15:37: Wann kommt denn da jetzt noch eins?

00:15:39: Und tatsächlich hier in Köln in unserem Umfeld, ich weiß nicht in anderen Regionen, ist das

00:15:44: vielleicht noch ein bisschen anders.

00:15:45: Aber wo wir hier wohnen, gibt es tatsächlich auch einige Familien mit einem Kind.

00:15:50: Und dann hat man ja auch ähnliche Probleme, so was ja auch oft so unterstellt wird.

00:15:56: Die Kinder haben keine Spielpartner und da man dann aber in der Nachbarschaft auch viele

00:16:01: Familien hat, dann ja auch nur mit einem Kind und dann ist es tatsächlich auch unglaublich

00:16:05: praktisch, dass die Kinder sich treffen und sich haben und man dann aber trotzdem ja dem

00:16:11: Besuch dann auch irgendwann wieder abgibt und dann trotzdem die Ruheabend zusammen genießt.

00:16:16: Und für uns ist es mittlerweile super entspannt.

00:16:20: Unser Kind hat täglich Kontakt zu anderen Kindern auch im unterschiedlichen Alter durch

00:16:25: Vereine und Kitas und mache ich mir da persönlich gar keine Sorgen, dass es zu wenig Kontakte

00:16:32: hat.

00:16:33: Auf der anderen Seite merke ich auch, dass mein Kind auch häufiger das Bedürfnis nach

00:16:37: Ruhe hat und es hat auch schon mal zum Besuch gesagt, so jetzt möchte ich mein Mama und

00:16:41: Papa aber wieder alleine sein.

00:16:43: Und dann ist es ja irgendwie auch ganz schön, diese Zeit dann so intensiv mit dem Kind zu

00:16:49: haben und da zu sein.

00:16:51: Und die Nachteile, die einem oft so prognostiziert werden, die habe ich am eigenen Leib und

00:16:58: noch nicht feststellen kann.

00:16:59: Habt ihr das im Alltag so bewusst auf dem Schirm?

00:17:04: So, wir haben ein Einzelkind und gestalten deswegen unseren Alltag entsprechend oder ist

00:17:09: das ganz automatisch passiert und ihr stellt fest, das ist eigentlich für euch gar nichts,

00:17:15: was ihr jetzt bewusst bearbeiten musstet?

00:17:17: Also ich kann von meiner Seite auch sagen, also ich bin ja ein Einzelkind und ich habe

00:17:23: mich bewusst für ein Kind entschieden.

00:17:27: Mir war klar, wenn es gut läuft, werde ich irgendwann mal Mutter sein und Mutter bin

00:17:32: ich mit einem Kind fertig.

00:17:34: Also ich habe da einen sehr provokanten Post auf meiner Instagram Seite, der da lautet,

00:17:40: man wird nicht, also es gibt keine Steigerbarkeit von Eltern schafft oder man wird nicht muttriger,

00:17:44: nur weil man mehr Kinder bekommt.

00:17:46: Also ich sehe mich da absolut nicht als Mutter zweiter Klasse, weil ich einen Kind habe.

00:17:52: Und die Frage, die du stellst, die ist wieder so ein bisschen verständlicherweise typisch

00:17:57: für ein Einzelkind.

00:17:58: Das ist so eine Frage, die man Eltern mit mehreren Kindern nicht stellen würde.

00:18:01: Also macht ihr das jetzt irgendwie ganz besonders, weil ihr habt ja mehrere Kinder, achtet ihr

00:18:05: da drauf, würde man Eltern mit mehreren Kindern nie fragen.

00:18:08: Ja, also nein, das sicherlich nicht.

00:18:11: Also das, was wir kreieren, und das hat ja Rebecca auch sehr schön beschrieben, ist sozusagen

00:18:16: ein offenes Haus.

00:18:17: Also Besuch ist erwünscht, wir helfen unseren Kindern je nach Alter Freundschaften zu knüpfen

00:18:23: und Freundschaften auch zu halten.

00:18:25: Die typischen Playdates, wenn die Kinder kleiner sind, wo man dabei sein muss, dann werden

00:18:29: sie größer und werden von einem anderen Elternteil nach der Kita mit nach Hause genommen für

00:18:35: noch ein, zwei Stunden und dann holt man sie so ab.

00:18:37: Also sozusagen altersgemäß.

00:18:39: Aber das ist etwas, das machst du mit deinen Kindern auf, Loryan.

00:18:43: Das ist jetzt nichts Exklusives, was Eltern mit einem Kind sozusagen tun, wie Rebecca auch

00:18:49: sagt.

00:18:50: Dadurch, dass Kinder größer werden, es gibt ja auch diesen schönen Satz, Freunde sucht

00:18:53: man sich aus, Geschwister nicht.

00:18:55: Da haben sie ja auch dann nochmal eine viel größere Möglichkeit durch Hobbys, die sie

00:18:59: für sich entdecken, Freundschaften zu knüpfen, Freundschaften zu pflegen und da dann auch

00:19:03: einfach ihre individuelle Zeit hin zu investieren.

00:19:07: Was mir manchmal auffällt, ist, dass Eltern sich, wenn sie sozusagen in der Entscheidung

00:19:11: sind, bekommen wir ein weiteres Kind.

00:19:13: Dann sind die Kinder so roundabout zwischen, ich sag jetzt mal, 1,5, 2 und 4 Jahren.

00:19:18: Das sind noch sehr, sehr kleine Kinder und Eltern können sich einfach nicht vorstellen.

00:19:23: Ich nehme mich da nicht aus, ich konnte mir das auch nicht vorstellen, dass mein Kind

00:19:25: irgendwann mal so groß ist, wie es heute ist.

00:19:28: Ja, das ist unbeschreiblich und er wird ja noch größer.

00:19:31: Er wird ja irgendwann mal erwachsen sein und das ist jenseits meiner Vorstellungskraft

00:19:35: immer noch so.

00:19:36: Das heißt, die Vorstellung, dass unsere Kinder tatsächlich mal raus in die Welt gehen

00:19:40: und wirklich tatsächlich ihr eigenes Ding machen.

00:19:43: Können sich Eltern, die Kinder in diesem Alter so zwischen 2 und 4 haben, wirklich nicht

00:19:49: vorstellen und deswegen ist immer so die Frage, steht immer so dieser Elefant im Raum, wird

00:19:53: mein Kind irgendwann mal einsam und alleine und isoliert sein und der Alltag zeigt einfach,

00:20:00: nein, das sind sie nicht.

00:20:01: Denn auch wenn wir Familien haben, die sag ich mal aus persönlichen Gründen oder anderweitig

00:20:07: ihr Kind nicht in die Kita bringen oder unregelmäßig, ja so, wir hatten gerade darüber gesprochen,

00:20:12: Florian, hallo Notdienst, ja so, also wenn diese Zeit im Kindergarten sozusagen zeitlich

00:20:17: sehr eingeschränkt ist, spätestens in der Schulzeit verbringen Kinder wahnsinnig viel

00:20:21: außerhalb ihrer Kernfamilie und damit auch zum Beispiel außerhalb der Zeit mit Geschwistern

00:20:27: und haben sozusagen dann da ihren eigenen Bereichensbrauchen alle Kinder, wo sie sich

00:20:31: Freundschaften aufbauen können.

00:20:33: Wie gesagt, deswegen habe ich ja auch schon eingangs gesagt, einzelne Kinder wachsen gar

00:20:37: nicht so anders auf wie Kinder mit Geschwistern.

00:20:40: Mhm, vielleicht kam eine Frage auch daher, bei uns war das durchaus so ein Prozess, den

00:20:45: wir uns ganz bewusst machen mussten, dass wir irgendwann festgestellt haben, so wie es jetzt

00:20:51: so ganz natürlich läuft in unserem Familienalltag, fehlt ganz oft was und das ist die Zeit mit

00:20:56: einem Kind alleine.

00:20:57: Weil eben immer beide dabei sind, gerade wenn man in der Familie was macht natürlich

00:21:01: und das bedeutet, man nimmt auch diese ganzen Geschwisterkonflikte die ganze Zeit mit und

00:21:07: wir haben uns dann bewusst entschieden, dass wir uns Prozesse überlegen, dass jedes Kind

00:21:13: mit jedem Elternteil eine ganz bewusste Alleinzeit hat, weil uns das wirklich gefehlt hat.

00:21:18: Ja, das glaube ich, das glaube ich und auf der anderen Seite ist es ja auch so, dass

00:21:24: es wird ja auch immer gerne Einzelkindern unterstellt, dass sie sozusagen verwöhnt

00:21:28: und überbehütet sind, aber das ist sozusagen eine Entscheidung, die wir als Eltern fällen

00:21:33: und die auch Kinder mit Geschwistern auf die Füße fallen können.

00:21:37: Also da reden wir auch wirklich tatsächlich von einem ungesunden Umgang mit den eigenen

00:21:41: Kindern.

00:21:42: Ja, also wenn ich auf mein Kind Erwartungen projiziere, dann schadet das jedem Kind,

00:21:47: ob da jetzt Geschwister sind oder nicht und Einzelkinder können davon stärker betroffen

00:21:54: sein.

00:21:55: Die Menschen, die sagen, ich bin ein Einzelkind, ich war nicht gerne Einzelkind und das ist

00:21:59: tatsächlich immer das, was sie sozusagen anführen.

00:22:02: Also das sozusagen der Erwartungsdruck der Eltern sehr, sehr groß war.

00:22:07: Wir können jetzt darüber spekulieren, ob dem nicht so gewesen wäre, wenn da weitere

00:22:11: Geschwister gewesen wären.

00:22:13: Auf der anderen Seite, warum sollte man glauben, dass dieses Gedankenmuster von "Mein Kind

00:22:17: soll irgendwie Arzt werden, mein Kind soll irgendwie Abitur ..."

00:22:20: "Eine Erwartungshaltung halt, mein Kind soll sich um mich kümmern, warum sollte dieses

00:22:25: Gedankenmuster sozusagen unterbrochen werden, wenn mehrere Kinder da sind?"

00:22:29: Weil davon abgesehen gibt es eine interessante Studie, die kennst du vielleicht auch Florian

00:22:32: im Buch, erwähne ich sie auch, dass egal wie viele Geschwister es gibt, dass wenn es nur

00:22:38: ein Mädchen gibt, ist tendenziell immer in die Versorgung, also der alten Eltern sozusagen

00:22:45: automatisch einbezogen ist.

00:22:47: Egal ob es erstgeborene ist, das Sandwich-Kind oder das Nest-Täkchen, wenn du nur ein Mädchen

00:22:52: in der Losung hast, ist die sozusagen automatisch dafür verantwortlich, die alten Eltern zu

00:22:56: pflegen.

00:22:57: Und das ist natürlich sowas von 1950 und gruselig und da müssen wir einfach alle miteinander

00:23:02: sozusagen achtsam sein, uns reflektieren, unabhängig davon, wie viele Kinder wir in

00:23:08: der Familie haben.

00:23:09: Auf jeden Fall, ja.

00:23:10: Da stecken wir zum Teil noch in sehr patriarchalen Strukturen fest, die ganz dringend weg müssen.

00:23:16: Da gebe ich dir völlig recht.

00:23:17: Was würdest du denn sagen, ist also ein gutes Selbstverständnis?

00:23:21: Würdest du jetzt sagen, man macht da gar keinen Unterschied oder ist es doch wichtig für

00:23:27: Eltern darüber zu reflektieren?

00:23:28: Was ist denn so dein Ergebnis mit deiner Auseinandersetzung?

00:23:32: Also ich glaube, es ist wichtig, die eigene Beziehung zu diesem Einzelkind zu reflektieren,

00:23:38: gerade wenn ich nicht so überzeugt von diesem Familienmodell bin, wie ich jetzt jetzt bin.

00:23:45: Also ich nehme mich da sozusagen, ich bin sozusagen nicht die Grundreferenz.

00:23:48: So.

00:23:49: Und es ist schon klar, dass wenn Menschen gespiegelt bekommen, dass ihnen etwas fehlt.

00:23:54: Ach, es wäre jetzt schön, wenn hier noch jemand wäre in Gesprächen darüber, ein Geschwister,

00:23:59: das wäre doch so schön.

00:24:00: Und man dann sozusagen auch vor dem Kind dann eben sagt, ja, es wäre schön schön, aber

00:24:05: es hat nicht sollen sein, dann bekommt dieser Mensch natürlich das Gefühl, da fehlt wirklich

00:24:09: tatsächlich etwas.

00:24:10: Das ist, das wird subjektiv aufgenommen.

00:24:14: Und dann entwickelt sich auch ein persönlicher, defizitärer Blick auf, ich bin hier irgendwie

00:24:18: nicht vollständig, alle anderen haben ja.

00:24:21: Und das kann sicherlich auch zu einem emotionalen Problem werden.

00:24:25: Deswegen den persönlichen Schmerz darüber zu haben, dass die Familiengröße sozusagen

00:24:30: bei einem Kind aufhört, die ist völlig legitim und die gehört auch ausgesprochen.

00:24:35: Da muss nichts weggedrückt werden, kein Deckel drauf, darum geht das nicht.

00:24:39: Aber die Frage ist immer, was gebe ich meinem Kind mit?

00:24:41: und wenn ich meinem Kind mitgehe.

00:24:43: es ist schön, dass du da ist. Ich kann mir kein tolleres Kind vorstellen. Das sind

00:24:48: sozusagen zwei Seiten einer Medaille und beides ist sozusagen wahr. Also das

00:24:52: vermissen eventuell noch von Geschwisterkindern und gleichzeitig zu sagen,

00:24:57: aber mein Kind ist total toll und dem fehlt sozusagen nichts. Vielleicht fehlt mir

00:25:02: als Elternteil noch ein weiteres Kind, aber ich muss ja dieses Fehlens sozusagen

00:25:07: dann nicht auf mein erstgeborenes Kind übertragen. Das ist die, das ist die

00:25:12: Balance und die Selbstreflexion, die es manchmal sicherlich braucht, wenn man

00:25:16: eben in der Situation ist, dass das Schicksal für einen entschieden hat, wie

00:25:20: groß die Familie sein soll und man selbst darauf leider keinen Einfluss

00:25:24: nehmen kann. Natürlich ja. Das eigene Bedürfnis, dass man gerne noch ein Kind

00:25:28: hätte, macht ja die Familien deswegen nicht unverständlich. Richtig, richtig.

00:25:32: Ganz genau. Ja und was mir auch in der Diskussion aufgefallen ist, dass ja auch

00:25:37: so ein bisschen der Blick dafür fehlt, dass ja auch einem Kind mit Geschwistern

00:25:42: etwas fehlen kann. Also ich zum Beispiel, ich habe ein Bruder und wir sind vom Alter

00:25:48: relativ weit auseinander. Also wir sind fünf und ein halb Jahre auseinander. Mein

00:25:52: Bruder ist älter als ich, sodass wir als Kinder jetzt auch nicht so wahnsinnig viel

00:25:56: miteinander anfangen konnten und mein Bruder dann auch schon relativ schnell

00:26:00: in einem Alter war, wo er sich aus dem Familienleben so ein bisschen rausgenommen

00:26:03: hat, weil er dann schon ein Teenie war und dann auch viele Dinge nicht so lust

00:26:07: hatte. Und ich habe mir zum Beispiel als Kind auch immer eine Schwester gewünscht,

00:26:12: weil ich immer gedacht habe, also meine beste Freundin hatte eine Schwester, die

00:26:16: hat eine ganz innige Beziehung und das hätte ich mir auch immer gewünscht. Und

00:26:20: ich weiß auch noch, als ich dann selber in der Pubertät war, da war mein Bruder

00:26:24: dann schon aus dem Haus, dass viele in meinem Umfeld auch dachten, ich sei

00:26:28: Einzelkind, weil mein Bruder so ein Familiengeschehen gar nicht mehr so

00:26:31: oft mit involviert war und auch Geschwister zu haben, bedeutet ja auch nicht, dass

00:26:37: ein Kind nicht mal die Sehnsucht nach etwas haben kann oder zum Beispiel auch

00:26:42: mal die Sehnsucht danach haben können, vielleicht keine Geschwister zu haben.

00:26:45: Also auch Geschwisterbeziehungen sind ja auch mitunter problematisch und viel von

00:26:49: Eifersucht oder Eifersuchte leihen geprägt oder Neid und der Kampf um die

00:26:55: Anerkennung der Eltern und das wird halt auch immer in der Diskussion so ein

00:27:00: bisschen unterm Teppich gekehrt, dass mehrere Kinder zu haben und den

00:27:05: Bedürfnissen gerecht zu werden auch eine sehr herausfordernde Aufgabe ist und

00:27:11: dass ja den Kindern trotzdem etwas fehlen kann. Man hat mal zu mir gesagt,

00:27:15: mein Kind wird nie wissen, wie es ist, Geschwister zu haben. Dann habe ich

00:27:19: gesagt, ja das stimmt, aber ich habe ein Bruder, ich werde nie wissen, wie es ist,

00:27:24: eine Schwester zu haben, ich werde nie wissen, wie es ist, einen Zwilling zu haben oder

00:27:28: jüngere Geschwister zu haben. Ich werde auch nie wissen, wie es ist, Einzelkind zu

00:27:32: sein und nur weil man eine Erfahrung nicht gemacht hat, heißt es ja nicht

00:27:37: zwangsläufig, dass einem etwas essentielles fehlt. Der Wunsch nach

00:27:41: Geschwistern den finde ich legitim auch für Kinder, weil man sich ja oft so

00:27:47: darunter vorstellt eine lebenslange Bindung zu jemandem zu haben, zu dem

00:27:51: man vertraut, mit dem man Erfahrung teilt und ich zweifel auch gar nicht an, dass

00:27:57: es wundervolle Geschwisterbeziehungen gibt und dass das etwas ganz ganz tolles

00:28:02: ist für viele. Aber es gibt halt nun mal auch andere Seiten, es gibt

00:28:06: Geschwisterbeziehungen, die kaputt gehen, die später überhaupt nicht mehr

00:28:10: miteinander sprechen. Teilweise hat das ja auch Einfluss auf das Selbstwertgefühl

00:28:16: der Kinder, das Gefühl zu haben, die Geschwister werden mehr geliebt von den

00:28:20: Eltern oder bevorzugt. Was ich ganz interessant finde ist, wenn ich auch so

00:28:25: mit Freunden spreche, die Geschwister haben, dass es oft so ist, dass beide oder

00:28:30: teilweise alle drei, wenn es mehrere Kinder sind, das Gefühl haben, das

00:28:35: benachteiligte Kind gewesen zu sein. Also der eine sagt das und der andere sagt

00:28:39: das aber auch. Und ja, mein Kind wird diese Erfahrung nicht erleben, es wird

00:28:45: aber auch viele Dinge vielleicht nicht erleben, die nicht so schön sind in einer

00:28:50: Familienkonstellation mit Geschwistern und ich denke unterm Strich.

00:28:54: Meiner Meinung nach gibt es da kein richtiges und kein falsches Modell, es

00:28:59: gibt das, was zu der Familie passt und das mit dem alle zufrieden sind und

00:29:04: Geschwister zu haben wird da teilweise, finde ich, auch etwas romantisiert.

00:29:09: Die Realitäten zeigen da manchmal auch, dass es nicht immer alles so rosig ist.

00:29:15: Und ich denke am Ende sollten die Familien glücklich sein und man kann den

00:29:21: Kindern ja auch alles erklären. Also mein Kind hat auch schon mal gefragt, wann

00:29:27: denn die große Schwester kommt. Da musste ich dann erst mal erklären, dass das

00:29:33: definitiv nicht möglich ist, weil eine große Schwester, die kann ich nicht mehr

00:29:38: in die Welt setzen und aber ich denke, da sollte man auch einem Kind gegenüber

00:29:42: ehrlich sein und einfach auch sagen, so Mama und Papa sind glücklich mit dir, wir

00:29:48: haben entschieden, dass da nicht noch ein Kind kommt und wenn es das Bedürfnis

00:29:53: hat, auch mal im Baby zu haben oder so, dann gibt es auch im Freundeskreis

00:29:57: genug Freunde, die noch kleine Geschwister haben und da kann man das

00:30:01: durchaus dann auch erleben und auch trotzdem ganz froh sein, wenn es dann

00:30:05: wieder zu dritt nach Hause geht und man dann dritt aus.

00:30:09: Ja, also der Romantisierung des Geschwistertums, der möchte ich auch ganz

00:30:14: entschieden widersprechen, so mit dem Blick von der anderen Seite aus und unsere

00:30:19: beiden Jungs, also ein ganz großer Teil der Konflikte, die wir in der Familie

00:30:22: haben, rührt aus den Geschwisterkonflikten und wie du sagst, die sind in einem

00:30:27: ständigen Konkurrenzkampf miteinander, da ist ständig der Vergleich, da ist

00:30:32: ständig das Gefühl ungerecht behandelt zu werden und ich kann mir

00:30:36: durchaus vorstellen, dass das natürlich auch Auswirkungen hat und dass ein Kind

00:30:41: diesen täglichen Kampf um die vermeintlich begrenzten Ressourcen

00:30:46: sich auch vielleicht da entspannter entwickeln kann in der Hinsicht. Ich

00:30:51: würde mir jetzt sehr schwer tun, eine Entscheidung zu treffen, was was

00:30:55: grundsätzlich besser für ein Kind ist und glaube auch, wenn es Unterschiede gibt,

00:30:59: dann sind andere Faktoren für das Glück eines Kindes sehr viel wichtiger. Das

00:31:04: Familienleben an sich, so wenn ich in einer glücklichen Familie aufwachse, dann

00:31:08: ist das mit Sicherheit sehr viel wichtiger als die Anzahl der Kinder.

00:31:13: Ja, richtig, ganz genau. Genau zu diesem Thema habe ich mich ja auch mit Professor

00:31:16: Dr. Julian Schmitz von der Universität Leipzig unterhalten, der dort auch eine

00:31:22: Kinder- und Jugendambulanz leitet und bin dann sozusagen eigentlich Quelle gewergen

00:31:26: und habe mich mit ihm darüber unterhalten und er hat genau das gesagt, dass du

00:31:30: gerade so schön zusammengefasst hast Florian, also was brauchen Kinder für ein

00:31:33: gesundes Aufwachsen und das ist tatsächlich emotionale Stabilität,

00:31:38: also liebende Eltern oder sagen wir mal ein liebendes Umfeld, aber auch

00:31:42: tatsächlich ein nicht zu unterschätzender Punkt, sind einfach auch

00:31:46: finanzielle Ressourcen. So klingt jetzt total unromantisch und wir meinen damit

00:31:50: nicht die Switch in der Ecke, sondern wir meinen sozusagen alles andere drumherum,

00:31:54: alles was sozusagen Bildung auch ermöglicht mit allen Ressourcen von

00:31:59: der Schulwahl über Nachhilfe, über eben auch Eltern, die Zeit und Ressourcen haben

00:32:04: da sozusagen zu unterstützen, dass es sozusagen das was Kinder emotional, wenn

00:32:09: wenn es mal darum geht psychisch auffällig gesund aufwachsen lässt und

00:32:14: ich wünsche mir auch tatsächlich da eine größere Gleichwertigkeit in unserer

00:32:19: Gesellschaft und deswegen freue ich mich auch so, dass das Thema Einzelkindner

00:32:22: jetzt einfach auch in den Medien stattfindet, in den Zeitschriften und

00:32:26: so ein bisschen nach draußen getragen wird. Wir brauchen keinen Feenstaub auf

00:32:30: Geschwisterbeziehung und wir brauchen auch keinen Feenstaub auf Einzelkindern,

00:32:34: also Kindergruß zu ziehen in dieser Zeit ist wahnsinnig herausfordernd und alle

00:32:39: Eltern machen sich unglaubliche Gedanken darum wie das Leben ihrer Kinder in

00:32:43: 10, 15, 20 oder 30 Jahren aussehen wird, wenn sie selbst erwachsen und für sie

00:32:48: selbst verantwortlich sind und da können wir uns alle miteinander die Hände

00:32:52: reichen, wir sitzen da wirklich alle miteinander in einem Boot.

00:32:56: Ich würde die anderen da im einen Punkt noch ergänzen, was so das finanzielle

00:33:00: betrifft, jetzt bin ich Mutter eines Kindes, was kranker Welt gekommen ist und

00:33:05: tatsächlich auch ist auch ein finanzieller Aspekt, wenn es um Therapien

00:33:10: geht. Mittlerweile wird einiges nicht mehr von den Kassen bezahlt, wenn man da

00:33:15: vielleicht auch auf Therapien zurückgreifen möchte, die jetzt auch ein

00:33:20: bisschen fernab der klassischen Medizin sind, also einiges wird von den Kassen

00:33:26: zum Beispiel auch gar nicht bezahlt oder man muss Zuzahlungen leisten und gerade

00:33:31: bei uns ist es so, dass wir da sehr viel in Anspruch nehmen und ja dann muss man

00:33:36: dann auch schon mal privat was bezahlen, damit das Kind einfach überhaupt einen

00:33:41: Platz bekommen, sei es jetzt man sucht ein Kinderpsychologen oder man möchte eine

00:33:46: Ergotherapie machen und nicht zwei Jahre auf der Warteliste stehen.

00:33:49: Da sind das auch finanzielle Ressourcen, wo wir dann zum Beispiel oder ich auch

00:33:55: im Oktober nachgedacht habe, wenn jetzt noch ein zweites Kind kommt, kann ich

00:34:01: meinem ersten Kind diese Unterstützung dann überhaupt noch finanzieren.

00:34:07: Was bedeutet das, wenn ich das nicht mehr kann? Was passiert, wenn dann vielleicht

00:34:12: auch das zweite Kind diese Unterstützung braucht? Also sind natürlich auch so

00:34:17: Gedanken, es wird immer so dargestellt, ein zweites Kind wird auf jeden Fall eine

00:34:22: Bereicherung fürs Erster, aber das habe ich dann auch so ein bisschen hinterfragt, ob dem

00:34:27: dann tatsächlich so ist. Gerade hier auch was Anna schon sagte, auch was die

00:34:33: Bildung betrifft, würde ich das halt tatsächlich dann auch noch um diesen

00:34:36: Gesundheitsaspekt erweitern, weil einiges kostet da mittlerweile leider auch

00:34:41: sehr viel Geld und Zuzahlung und die Ressourcen müssen natürlich auch da

00:34:45: sein und für die Entwicklung meines Kindes weiß ich, dass das sehr wertvoll ist,

00:34:52: was es an Therapien und Unterstützung bekommen hat, aber ich sehe auch am

00:34:56: Monatsende, was das ganze kostet. Ja und ich glaube sobald die Ressourcen

00:35:02: knapp werden, ist das einfach eine Belastung für die Familie, die denke ich

00:35:07: dann auch wieder die Frage, wie viele Kinder in einem Haushalt sind, weit

00:35:10: überstrahlt in ihrer Tragweite. Unentspannte Eltern, die sich um Geld

00:35:15: Sorgen machen oder auch um andere Themen, sind bestimmt ein großer Faktor dafür,

00:35:21: wie ein Kind jetzt aufwächst. Ja auf jeden Fall. Du hast gerade eben schon kurz

00:35:26: erwähnt Rebecca, ich würde noch interessieren, was eure Kinder denn zu dem

00:35:29: Thema sagen, ob die da jetzt eine Meinung haben oder ob das für die keine große

00:35:35: Rolle spielt. Zu Geschwistern meinst du jetzt? Genau, ja, also hätten die gerne,

00:35:39: wie Elke das schon gesagt, dann hätte gerne eine große Schwester, das ist

00:35:43: natürlich schwierig zu lösen. Genau, ja also bei uns war das lange Zeit überhaupt

00:35:49: kein Thema, dann irgendwann ging es an die Kita, die Freunde von meiner

00:35:55: Tochter sind auch alles die erst geboren in der Familie, also insofern waren

00:35:59: erstmal alle gleich und dann ging es halt im Freundeskreis auch dann so los, dass

00:36:04: dann die ersten Kinder ein Geschwisterchen bekommen haben und meine Tochter

00:36:08: das dann auch gesehen hat und dann wie süß und ein Baby und schön und dann

00:36:13: kamen dann auch mal die Fragen und dann war aber auch ganz schnell klar, also wenn

00:36:17: überhaupt dann auf keinen Fall ein Bruder, also denen möchte sie auf gar keinen Fall

00:36:21: haben, also nur eine Schwester und am liebsten halt auch eine große Schwester

00:36:25: und das kam dann mal auf. Also ein Bruder war definitiv nicht gewünscht, da war sie

00:36:31: ganz sicher, dass das nichts schön ist, um ein Bruder zu bekommen. Das war aber auch

00:36:35: nur so eine ganz kurze Phase und da halt hier auch in ihrem Freundeskreis auch

00:36:40: tatsächlich einige Kinder sind, wo keine Geschwister im Haushalt leben, ist es für

00:36:46: sie was völlig normales und ich habe nicht das Gefühl, dass es etwas ist, was

00:36:52: sie jetzt mit fünf Jahren massiv beschäftigt. Das kann natürlich auch sein,

00:36:55: dass da nochmal andere Phasen kommen, wenn sie was größer ist oder das vielleicht

00:37:00: dann auch ein bisschen mehr versteht, aber zurzeit ist das alles gut so wie es

00:37:05: ist und sie ist unter Kindern und da ist der Wunsch relativ gering oder gar nicht

00:37:11: vorhanden oder eine Meinung dazu auch gar nicht wirklich vorhanden.

00:37:14: Nur Brüder halten nicht, also die sollten es halt nicht sein.

00:37:18: Das steht fest, okay.

00:37:20: Also als gleiche Situation im Kindergarten alle waren erst geborene und als dann die

00:37:29: Geschwister kam, hat mein Kind sehr unmissverständlich klar gemacht, dass

00:37:34: es auf gar keinen Fall ein Geschwister haben möchte. Also das führte dann

00:37:39: tatsächlich so in der Zeit drei, vier. Das fand immer mein Mann und ich so

00:37:43: miteinander gekuschelt haben es immer so einen dazwischen drängen gab mit

00:37:47: "kein Baby machen". So nein, nein, nein, man hat man wir auch gar nicht vor.

00:37:51: Mein Schatz, alles gut. Das mit der großen Schwester hat er tatsächlich mal so vor

00:37:57: zwei oder drei Jahren tatsächlich mal in den Raum geworfen.

00:38:02: Mein Kind ist ja jetzt schon ziemlich groß, der wird dieses Jahr 13.

00:38:05: Da hat er mal gesagt, ich glaube eine große Schwester kann toll sein, aber

00:38:11: gleichzeitig war das nie etwas, wo wir uns so im ständigen Austausch

00:38:16: miteinander befunden haben und ich habe ihm dann auch gesagt, du weißt,

00:38:20: ein größeres Geschwister als dich kriegen wir halt, Biologie kriegen wir halt

00:38:24: nicht hin, aber schlussendlich war das auch für mein Kind ein

00:38:29: nie ein belastendes Thema. Die Frage Geschwister ja oder nein.

00:38:33: Es war eher so, dass wir Situationen hatten, in denen er mir halt sagte,

00:38:38: du glaubst gar nicht vorüber, die so streiten, wenn er so zu Besuch war.

00:38:43: Wir haben gegessen und dann ging auf einmal eine riesige Renna reilos, weil

00:38:48: beide irgendwie auf dem gleichen Stuhl sitzen wollten.

00:38:50: Da waren aber noch vier andere Stühle. Also das ist wirklich so etwas, nein,

00:38:54: das kennt mein Kind nicht und das ist eben dieser Konkurrenzkampf und da kann

00:38:58: man wirklich sehr philosophisch darüber argumentieren, wie wertvoll es ist,

00:39:04: sich sozusagen um einen Sitzplatz glauben, streiten zu müssen.

00:39:08: Das ist ja auch etwas sehr Subjektives, was da sozusagen sehr intuitives,

00:39:12: was in diesem Moment stattfindet. Das ist tatsächlich etwas, was mein Kind

00:39:15: nicht kennt und ich bin gar nicht traurig drum, dass er sich einfach ganz

00:39:20: entspannt auf den Stuhl setzen kann, auf dem er gerne sitzen möchte und wenn

00:39:24: da jemand anderes sitzen sollte, weil wir irgendwie, weiß ich nicht, eine

00:39:28: Familientafe gedeckt haben und ich da irgendwie dann sage ich, Guck mal,

00:39:31: Schatz, es wäre besser, wenn du nah in der Tür sitzt, weil du bist definitiv

00:39:34: derjenige, der als erstes aufstehen wird, dann hast du den kurzen Weg und

00:39:37: musst dich da nicht irgendwie aus der Ecke quetschen. Aber das ist ja dann

00:39:40: sozusagen eine ganz andere Sache und dann auch sehr authentisch.

00:39:46: Unsere Jungs kamen letztens an und haben gemeint, sie brauchen unbedingt

00:39:50: ein Geschwisterchen, damit sie endlich jemand haben, mit dem sie spielen können.

00:39:55: Ich hatte dann keine Antwort drauf.

00:40:00: Ja, spannend.

00:40:02: Genau, weil mit dem eigenen Bruder, mit dem vorhandenen Bruder zu spielen war

00:40:05: für beide komplett ausgeschlossen, weil der ist ja schließlich doof.

00:40:10: Ja, das ist eben diese Sache, was Rebecca eben aussagte. Geschwister sind

00:40:15: keine Zwillinge. Geschwister sind einfach zwei sehr individuelle Menschen, die in

00:40:20: einem Abstand von ein paar Jahren geboren werden und man sollte es

00:40:24: tatsächlich nicht als selbstverständlich nehmen, dass die miteinander spielen wollen,

00:40:28: dass die gemeinsame Interessen haben, dass sie von der Persönlichkeit, von ihrem

00:40:32: Temperament so gut matchen, dass da irgendwie, weiß ich nicht, eine Beziehung

00:40:38: zustande kommt, wie sie gerne unter Geschwistern dann hochstilisiert wird und

00:40:42: glorifiziert wird. Das ist eben dieses weniger fehlend Staub und mehr Realismus

00:40:47: für Geschwisterbeziehungen. Was war denn eure Antwort?

00:40:50: Kommt da noch ein Drittes zum Spielen?

00:40:52: Definitiv nicht. Nein.

00:40:56: Ach Mensch, es gab doch mal diesen Spruch, das Dritte läuft nur so mit, habe ich mal

00:41:00: gehört und das stimmt auch nicht.

00:41:03: Es ist bestimmt genauso wahr, wie dass die Einzelkinder traurig aufwachsen.

00:41:06: Genau, richtig.

00:41:08: Ja, nein, die beiden werden miteinander leben müssen.

00:41:11: Auskommen müssen, ja.

00:41:13: Eltern, die sich das hier anhören, sind ja möglicherweise viele in der Situation,

00:41:18: dass vielleicht das erste Kind schon da ist und dass die Frage im Raum steht und

00:41:23: vielleicht auch Erwartungen, was würdet ihr solchen Eltern gerne mitgeben, die

00:41:28: vielleicht auch hauptsächlich Feedback von mehr Familienkindern zu dem Thema

00:41:33: bekommen?

00:41:35: Tatsächlich sich nicht verunsichern lassen. Wir haben keinen Zwang, alle das

00:41:39: gleiche Auto zu fahren und wenn ich auf der Suche nach einem Auto bin und

00:41:42: jemand mir VW sozusagen werbensens ans Herz legt und dafür Werbung macht, kann

00:41:47: ich immer noch eine ganz autage Entscheidung fällen und eine andere

00:41:51: Marke nehmen, weil das besser zu meinem Leben passt.

00:41:54: Gleiches gilt auch tatsächlich für die Kinderanzahl.

00:41:57: Das finde ich persönlich ganz, ganz wichtig. Wir dürfen so viele Kinder

00:42:01: bekommen, wie wir wollen und können, aber wir sollten uns von diesem Gedanken

00:42:07: verabschieden, dass es ein Muss ist.

00:42:09: Die Studienlage ist da eindeutig und trotzdem dürfen wir natürlich sagen,

00:42:15: wir möchten mit einer Großfamilie leben.

00:42:18: Aber das ist dann unsere individuelle Entscheidung und das darf sie sozusagen

00:42:22: auch sein, aber wir müssen jetzt nicht als erzieherische Maßnahme oder für die

00:42:29: psychische Gesundheit unseres erstgeborenen Kindes ein weiteres Kind bekommen.

00:42:34: Und wir schulden weder unsere nahen, fernen, verwandten oder bekannten weitere

00:42:39: Kinder und wir schulden es auch tatsächlich nicht unserem erstgeborenen

00:42:43: Kind, auch wenn es vielleicht mit etwas Nachdruck sagt, ich will aber,

00:42:47: denn es ist, wie du auch so schön gesagt hast, Florian, also es ist ja

00:42:51: schlussendlich dann die Elternressource, die sozusagen in die Wachstale geworfen

00:42:55: wird und wo es einfach wirklich tatsächlich für die Eltern

00:42:58: zeitlebens gut passen muss, mehrere Kinder zu begleiten.

00:43:03: Das muss einem einfach klar sein.

00:43:05: Die Verantwortung liegt immer bei uns Eltern, immer, immer.

00:43:08: Und deswegen dürfen wir da auch ganz entspannt entscheiden und sagen,

00:43:12: für uns passt es wunderbar mit diesem einen Kind.

00:43:15: Ja, die Gesellschaft sagt, aber das muss mich nicht kümmern und damit

00:43:21: man für sich einfach die Entscheidung fällt, die für einen selbst gut und

00:43:24: richtig ist.

00:43:26: Genau, also ich finde es auch sehr wichtig, als Familie zu schauen,

00:43:31: wie geht es uns in der jetzigen Situation?

00:43:34: Kommt der Wunsch aus uns oder ist das ein, so wie bei mir zum Beispiel,

00:43:39: ein Wunsch nach zwei Kindern, der irgendwie immer da war, aber auch nie wirklich

00:43:43: hinterfragt wurde, ob der eigentlich aus mir selber rauskommt oder ob es nicht

00:43:48: einfach so eine generelle gesellschaftliche Haltung ist.

00:43:50: Familie sind immer zwei Kinder oder mehr.

00:43:53: Also da einfach nach innen schauen zu schauen, möchte ich eine Schwangerschaft

00:43:58: nochmal erleben mit allen Konsequenzen.

00:44:00: Bin ich psychisch stabil genug, auch für noch ein Kind da zu sein?

00:44:04: Mir vielleicht auch mal zu überlegen, habe ich die Ressourcen auch mental,

00:44:09: wenn das Kind nicht gesund ist?

00:44:12: Das waren zum Beispiel auch so Dinge, über die ich mir, bevor ich Mutter

00:44:15: gewonnen bin, nie Gedanken gemacht habe, was es auch bedeutet, ein Kind zu haben,

00:44:19: was da Unterstützung braucht.

00:44:22: Wenn man dann feststellt, ich bin eigentlich zufrieden mit einem Kind, dass man sich

00:44:27: dann auch sagt, ich darf das auch.

00:44:29: Also ich darf auch glücklich und angekommen mit einem Kind sein.

00:44:34: Wenn dann aber trotz allem der Wunsch da ist nach einem weiteren Kind und man sagt,

00:44:39: ja, ich möchte dieses Kind bedingungslos, möchte ich noch ein Kind haben, egal

00:44:43: ob das eine innige Geschwisterbeziehung wird oder nicht und egal ob das

00:44:47: Unterstützung braucht oder was es mich kostet und ich möchte es einfach haben,

00:44:52: dann sollte man das auch tun.

00:44:54: Also ich denke, der größte Antrieb, ein Kind in die Welt zu setzen,

00:44:58: sollte der eigene Wunsch sein, dieses Kind haben zu wollen, bedingungslos

00:45:03: zu lieben, die Kapazitäten und Ressourcen geben zu wollen.

00:45:07: Und ich denke, dann schafft man das als Eltern auch, auch wenn es dann vielleicht

00:45:12: schwierig ist, aber es ist auch mit einem Kind mitunter, ist das schwierig.

00:45:16: Und ich denke, wenn dieser Wunsch da ist, dieser Herzenswunsch und man denkt,

00:45:20: da fehlt noch was und da gehört noch ein Kind hin, dann ist es der richtige Weg.

00:45:24: Und wenn man sagt, nein, es fehlt uns nicht, wir sind vollkommen, wir sind komplett,

00:45:29: dann ist es auch in Ordnung so und dann darf das auch so sein und dann darf man

00:45:33: sich auch gut fühlen und da muss man sich auch von niemandem ein schlechtes

00:45:36: Gewissen einreden lassen.

00:45:37: Sehr schön. Also noch mal ein bisschen anders gesagt, wenn ich euch so richtig

00:45:42: verstanden habe, wenn man jetzt in sich das Gefühl verspürt, eine Familie

00:45:47: mit einem Kind sein in irgendeiner Form nicht richtig, dann lohnt es sich

00:45:51: da mal genau hinzuschauen auf dieses Gefühl, wo es denn herkommt.

00:45:54: Ist es wirklich das eigene Bedürfnis nach mehr Kindern und nach einer großen

00:45:59: Familie oder stecken da eben irgendwelche gelernten sozialen Normen

00:46:05: und Erwartungshaltung drin, die mit mir eigentlich gar nichts zu tun haben

00:46:09: sollten und meine Entscheidung auch gar nicht beeinflussen sollten?

00:46:12: Richtig, im besten Fall wäre das so und wichtig ist es einfach auch, dass einem

00:46:18: dann sozusagen die Konsequenz des eigenen Handelns auch tatsächlich bewusst ist.

00:46:23: Denn die Entscheidungen für weitere Kinder, die können nicht

00:46:26: zurückgeschickt werden, die sind dann da und das bleibt dann einfach auch

00:46:29: zeitlebend so und die Entscheidung fürs erste Kind wird sicherlich

00:46:34: ein bisschen leichter gefällt als fürs zweite und ich weiß auch aus Gesprächen

00:46:39: mit anderen Eltern, dass sie das schade finden, dass bei dem zweiten sozusagen

00:46:44: auch noch ein bisschen andere Taktik dahinter ist.

00:46:46: Also Abstand zum ersten.

00:46:49: Also da kommen sozusagen nochmal andere

00:46:52: Geschenken sozusagen mit rein und ich kann auch verstehen, dass das belastend ist.

00:46:57: Aber man kann es sicher sozusagen zu einem positiven Werkzeug umwandeln, indem man sagt,

00:47:02: nein, wir fehlen hier eine Entscheidung nicht mehr für zwei Menschen, sondern

00:47:05: tatsächlich für drei. Das Erstgeboren ist ja auch da und wir sollten uns

00:47:09: dazu Gedanken machen. Wir müssen uns da nicht schlecht rüber fühlen, dass wir

00:47:12: hier jetzt eine kleine, ganz familieninterne, pro und Kontralliste für uns schreiben.

00:47:18: Das kann nur positiv sein für alle Beteiligten, ob dieses weitere Kind dann kommt

00:47:23: oder nicht sich da über die Gefühle, die eigenen Gefühle, die eigenen Motivation

00:47:28: klar zu werden. Das ist ein ganz gesunder Schritt.

00:47:31: Das ist völlig in Ordnung, das darf jeder gerne tun.

00:47:34: Ja, das kann ich auf jeden Fall bestätigen.

00:47:36: Wir haben die Entscheidung ziemlich schnell und aus dem Bauch raus gefällt

00:47:41: und zum Glück nicht bereut.

00:47:42: Es ist total gut so und total richtig.

00:47:45: Aber ich war dann doch überrascht, wie krass der Einschnitt dann noch mal war

00:47:50: und wie sich doch noch mal alles verändert hat.

00:47:52: Ich würde sagen, für uns war der Schritt von einem Kind zu zwei Kindern

00:47:56: locker genauso groß wie der von keinem zu einem Kind.

00:48:00: Das glaube ich.

00:48:01: Also das hat wirklich viel noch mal verändert und auch deutlich mehr als ich

00:48:06: vorher gedacht hätte.

00:48:07: Glaube ich. Ja.

00:48:09: Dann würde ich jetzt sagen, vielen Dank.

00:48:12: Vielen Dank. Ja, danke.

00:48:13: Das war ein tolles Gespräch.

00:48:15: Ich habe auch einiges gelernt nochmal und konnte da viel draus mitnehmen.

00:48:19: Ich hoffe, es geht Eltern, die vielleicht vor einer Entscheidung stehen oder sich

00:48:23: in ihrer Situation schwer tun, genauso.

00:48:26: Vor schön, dass ihr virtuell da wart heute.

00:48:29: Das hat sehr gut geklappt.

00:48:30: Und ja, vielleicht sehen wir uns mal wieder zum anderen Thema.

00:48:33: Bis dahin sage ich Tschüss und vielen Dank.

00:48:36: Danke schön.

00:48:36: Danke selbst. Tschüss.

00:48:38: Hört euch stark, wird produziert von der Karitas Bodensee Oberschwaben

00:48:47: und unterstützt von der Deutschen Fernsehlotterie.

00:48:50: Weitere Infos und alle Folgen gibt es unter machteustark.com und überall, wo es Podcasts gibt.

00:49:03: Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021.

00:49:06: [Musik]

00:49:21: [MUSIK]

00:49:23: [Beaczte Musik]

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